Zwei afrikanische Frauenschicksale

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Es ist eine ganz andere Welt, in die einen Christina Fonthes mit ihrem Debütroman entführt. Es geht um zwei Frauen, die auf ihre Art versuchen, mit einem Leben zwischen dem Kongo und London zurecht zu kommen.

Mira ist die etwas aufmüpfige Tochter einer wohlhabenden Familie im Kongo, die bei ihren Eltern in Ungnade fällt. Sie zieht nach Europa und landet schließlich in London, wo sie 20 Jahre später als verhärmte und tiefgläubige Frau lebt. Die junge Bijoux wird weg von ihrer afrikanischen Familie zu Mira nach London geschickt. Als sie entdeckt, dass sie lesbisch ist, beginnt ein quälendes Ringen um Selbstfindung im Kreis der afrikanischen Gemeinde.

Beide Geschichten werden im Wechsel jeweils aus der Sicht von Mira und von Bijoux erzählt. Durchsetzt mit vielen afrikanischen Wörtern, die teilweise hinten in einem Glossar erklärt werden, versetzt die Autorin einen hinein in das Leben in Afrika einerseits und in eine afrikanische Gemeinde in London andererseits. Dabei beschreibt sie so anschaulich und authentisch, dass man die afrikanischen Gewänder, die Frisuren und das Essen fast vor sich sieht. Auch legt Fonthes immer wieder den Fokus auf bestimmte Gerüche, die intensiv beschrieben werden. Auf ihre Art erschütternd sind beide Schicksale, auch wenn das von Mira mir noch näher geht. Ihre Entwicklung ist extrem, man wirft ganz langsam einen Blick hinter die Fassade der unsympathischen, herrischen und lieblosen Frau, die so gar nicht zu dem aufmüpfigen und lebensfrohen Mädchen aus dem Kongo passen will. Aber auch Bijouxs Kampf ist sehr berührend geschrieben und zeigt auf erschreckende Art, was afrikanische Frauen alles durchmachen müssen. Dabei sind viele Themen brandaktuell, auch wenn die Geschichten zwischen 1974 und 2007 erzählt werden. Es geht um Liebe zwischen Eltern und ihren Kindern, um afrikanische Lebenseinstellung, um Bevormundung, um Akzeptanz, um Diversität und um das Recht der freien Partnerwahl. Aber auch die Gefühle von Menschen, die aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen werden und sich plötzlich zwischen zwei Welten mit einem Kulturschock wiederfinden. In den aktuellen politisch unruhigen Zeiten eine Geschichte, die einen sofort an die vielen Flüchtlinge denken lässt, die versuchen, in einem neuen Leben Fuß zu fassen. Am Ende gibt es noch einen Twist, der das Buch zusätzlich interessant und überraschend macht.

Ein Buch vor allem für Frauen, das zwei eindrückliche Geschichten über afrikanische Frauen und die afrikanische Kultur erzählt und dabei viele verschiedene Themen anspricht. Es macht viel Spaß zu lesen und versetzt einen im Laufe der Handlung nach Kinshasa, London, Brüssel und Paris.