Frei nach Goethe …

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Nachdem ich meine „Zufallsbekanntschaft“ mit Isabel Bogdans „Pfau“ liebte und die gezielte Aufforderung zum „Laufen“ eher mau fand, klang „Wohnverwandtschaften“ (mit der Reminiszenz an Goethes „Wahlverwandtschaften“) recht vielversprechend – war es so?

Willkommen in einer Zweckwohngemeinschaft aus Constanze, Jörg, Anke und Murat. Schon bei den Namen wird klar, dass es „bunt“ werden könnte … so ganz freiwillig sind sie ja nicht unbedingt in diesem Konstrukt gelandet: Constanze wegen einer Trennung; andere eher aus wirtschaftlichen Gründen, aber alle haben sie mit ihren eigenen Ängsten, Sorgen und Nöten zu kämpfen; Anke etwa, die es gar nicht witzig findet, dass man sie nicht nur im Job „ausmustert“, sondern sie nun auch in der Wohnung kein Alleinstellungsmerkmal mehr hat; es geht um (unerfüllte) Wünsche und die Frage, ob man sich bewusst für die „Ersatzfamilie“ entscheidet.

Die Themen, die Bogdan hier anspricht, sind durchaus ernst – oftmals aber in Humor „eingewickelt“, so lässt sie ihre Protagonisten etwa überlegen, ob schnaufende Igel zum Notdienst gehören oder das normal ist (und vom Beginn und dem Klavier will ich gar nicht anfangen – dass da jemand leise Loriot anklingen lässt – oder täuscht das? Nein, da gibt es noch mehr, dosiert, aber ich bin mir sicher – finde ich großartig). Erzählt wird die Geschichte aus den Perspektiven der WG-Bewohner über ca. 1,5 Jahre, sodass der Leser Einblick in ihrer aller Welten und (veränderte) Sichten bekommt. Wunderbarerweise ändert die Autorin auch die Tonalität je nach Perspektive, sodass man auch sprachlich etwas geboten bekommt. Nach Lektüre dieses Buches versteht man ein bisschen besser, warum es gut ist, sich bzw. seine Ansichten usw. durch andere, fremde, neue Einstellungen ab und an „justieren“ zu lassen – und warum Blut eben doch nicht unbedingt dicker als Wasser ist …