Warme Geschichte über Freundschaft

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
marieon Avatar

Von

Jörg ist Ende sechzig und plant eine Reise nach Georgien. Als Brigitte noch lebte, war er viel mit ihr unterwegs, aber fast nur in Europa, denn sie mochte es warm. Einmal zog es sie nach Dänemark, aber da hatte Basti ein schwer zu ertragenes Teenagertief, das Brigitte die Reise versaut hat. Jörg hat zwei Zimmer seiner Wohnung an Anke und Murat vermietet. Sein Arbeitszimmer hat er gerade für eine neue Mitbewohnerin freigeräumt.

Constanze hat sich von Flo getrennt. Er hatte ihr einen Antrag gemacht und sie die Flucht ergriffen. Eine bezahlbare Wohnung in Hamburg zu finden gestaltete sich schwierig, deswegen versucht sie übergangsweise in dieser WG zu wohnen. Das Klavier, das sie von Flo geschenkt bekommen hat, muss in dem 20 Quadratmeter Zimmer untergebracht werden, obwohl sie gar nicht spielen kann.

Anke, die Schauspielerin ohne Aufträge, war zuerst nicht erbaut, ihre beiden Mitbewohner mit einer Frau zu teilen. Allmählich jedoch gewöhnt sie sich an die Zahnärztin. Sie sehnt sich nach einer Rolle nicht nur finanziell, auch wegen des Selbstwerts. Die Regisseure bevorzugen allerdings Frauen, die mindestens zehn Jahre jünger sind als sie.

Murat liebt das Leben und weil er gern isst, kocht er oft für seine Mitbewohnerinnen. Er hat den kleinen Garten von Jörg übernommen, den früher Jörgs Brigitte bewirtschaftet hat. Von dort kommen die Kartoffeln, Kohlrabi und Bohnen, die Murat jedes Frühjahr setzt und hegt und pflegt. Er liebt seine Anke, der er zu gerne Rollen verschaffen würde und in seinem Herzen ist auch noch Platz für die neue Constanze, die viel lockerer ist, als Anke glaubt.

Fazit: Eine gelungene Geschichte, die Isabel Bogdan gezeichnet hat. Die Kapitel beginnen mit dem Tagesdatum und einer Protagonistin, der sie beim Denken zugeschaut hat. Wechselweise lese ich über das Innenleben aller Beteiligten oder schaue ihren Interaktionen zu. Die Autorin hat einen geübten Blick für die großen und kleinen Alltagsprobleme. Das Leben schweißt die unterschiedlichen Charaktere zusammen. Der Autorin ist eine warme Geschichte gelungen, in der sich Freundschaft zart entwickelt und stabil wird. Der Titel „Wohnverwandtschaften trifft den Kern des Konstrukts sehr genau, denn die vier Menschen werden zu einer Wahlfamilie, in der gemeinsam genossen, gelacht und geweint wird. Eine schöne Idee, so eine gut gelingende WG. Lesenswert!