Wie Familie, aber selbstgewählt
Hamburg. Der Tag des Umzugs ist Stress pur. Constanze hat gerade eine Trennung hinter sich und zieht erstmal in eine Wohngemeinschaft. In Hamburg sind kleine Wohnung rar und die wenigen sind hoffnungslos überteuert. Außerdem ist sie nun nicht allein, sondern hat die Mitbewohner Anke, Murat und Jörg um sich. Die vier sind so unterschiedlich wie die Himmelsrichtungen. Anke hat ihre beste Zeit als Schauspielerin bereits hinter sich. Murat versucht das Leben so oft wie möglich zu genießen. Er hat einen kleinen Schrebergarten und ist Fußballfan. Der Älteste in der Runde ist Jörg. Ihm gehört die Wohnung. Seit seine Frau gestorben ist, vermietet er die Zimmer. Akribisch plant er seine Reise mit dem Wohnmobil nach Georgien. Eine OP setzt ihn aber erstmal außer Gefecht und verändert das Leben aller.
Isabel Bogdan beschreibt in ihrem Roman Wohnverwandtschaften eine WG in ungewöhnlicher Zusammenstellung. Wir kennen alle Studenten, die sich eine Wohnung teilen. Aber irgendwann erreicht man ein Alter, in dem man seine eigenen vier Wände haben möchte. Die vier sind alle altersmäßig über diesen Punkt hinaus. Bei genauer Betrachtung ist aber die Gemeinschaft für alle ein Gewinn. Constanze bringt so schnell eine Distanz zu ihrem Ex, der sich nun anderweitig orientiert hat. Anke ist seit geraumer Zeit als Schauspielerin nicht mehr gefragt und hat ein unregelmäßiges Einkommen. Murat genießt das Zusammensein mit anderen und bekocht sie auch regelmäßig. Jörg entflieht so ebenfalls der Einsamkeit. Außerdem weiß er seine Wohnung während der geplanten Abwesenheit in guten Händen. Es ist für alle in dieser Zweck-WG mehr als eine Win-Win-Situation.
Lebensentwürfe auf dem Prüfstand
Es gibt aber auch Schattenseiten. Wer so eng miteinander wohnt, braucht Toleranz und Rücksichtnahme. Das merkt man an Kleinigkeiten im Umgang mit den anderen. Man muss seine Sachen in Ordnung halten, die übertragenen Pflichten erfüllen und auch mit keinem Zweierding die anderen ausschließen. Diese Regeln müssen gar nicht ausgesprochen werden. Der Roman kommt mit wenigen Erklärungen aus, Dialoge oder einzelne Gedanken dominieren. Als Leser fühlt man sich wie jemand, der am Nachbartisch alles mitanhören kann. Man ist im Bilde und hat durch die wechselnden Perspektiven sogar mehr Einblicke als die Wohngemeinschaft. Jörgs Gesundheitszustand nach der OP ist für Außenstehende somit eher zu erahnen als für die Betroffenen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt lässt sich das Buch übrigens nicht mehr aus der Hand legen. Ich habe selten ein Buch mit einer solchen Thematik in einer solchen Geschwindigkeit inhaliert. Nicht, dass das Problem zur Lösung Superhelden gebraucht hätte. Vielleicht ist genau diese Alltäglichkeit, dass es jeden zu jeder Zeit so treffen kann, die Sogwirkung. Mit den Gesprächen wirkt es so lebendig und realistisch, dass man sich unweigerlich ebenfalls betroffen fühlt. Die Zeitspanne umfasst dabei ein Jahr.
Das Hörbuch ist ungekürzt 5 Stunden 50 Minuten lang. Es wird von Heikko Deutschmann, Katharina Wackernagel, Lavinia Wilson, Serkan Kaya, Julian Horeyseck, Gabriele Blum, Oliver Kube, Marian Funk und Isabel Bogdan gesprochen. Die Sprecher spiegeln die lebendige Umgebung der Wohngemeinschaft und ihre Bezugspunkte. Sie lassen damit beim Hören das Kopfkino beginnen.
Hörprobe
"Wohnverwandtschaften" von Isabel Bogdan ist ein emotional anrührender Roman, der den Spagat schafft, mitten im turbulenten Großstadtleben ein empfindliches Thema so zu platzieren, dass die Zerbrechlichkeit des Lebens deutlich wird. Die Autorin geht dabei verantwortungsbewusst vor. Sie stellt die Freundschaft der Beteiligten in den Vordergrund und weist wie nebenbei darauf hin, dass es nicht immer die Familie sein muss, die in Notlagen einspringt. Wie Murats Spätzle, ist das Drama zwischen Lebenslust und Tragik perfekt abgeschmeckt.
Isabel Bogdan beschreibt in ihrem Roman Wohnverwandtschaften eine WG in ungewöhnlicher Zusammenstellung. Wir kennen alle Studenten, die sich eine Wohnung teilen. Aber irgendwann erreicht man ein Alter, in dem man seine eigenen vier Wände haben möchte. Die vier sind alle altersmäßig über diesen Punkt hinaus. Bei genauer Betrachtung ist aber die Gemeinschaft für alle ein Gewinn. Constanze bringt so schnell eine Distanz zu ihrem Ex, der sich nun anderweitig orientiert hat. Anke ist seit geraumer Zeit als Schauspielerin nicht mehr gefragt und hat ein unregelmäßiges Einkommen. Murat genießt das Zusammensein mit anderen und bekocht sie auch regelmäßig. Jörg entflieht so ebenfalls der Einsamkeit. Außerdem weiß er seine Wohnung während der geplanten Abwesenheit in guten Händen. Es ist für alle in dieser Zweck-WG mehr als eine Win-Win-Situation.
Lebensentwürfe auf dem Prüfstand
Es gibt aber auch Schattenseiten. Wer so eng miteinander wohnt, braucht Toleranz und Rücksichtnahme. Das merkt man an Kleinigkeiten im Umgang mit den anderen. Man muss seine Sachen in Ordnung halten, die übertragenen Pflichten erfüllen und auch mit keinem Zweierding die anderen ausschließen. Diese Regeln müssen gar nicht ausgesprochen werden. Der Roman kommt mit wenigen Erklärungen aus, Dialoge oder einzelne Gedanken dominieren. Als Leser fühlt man sich wie jemand, der am Nachbartisch alles mitanhören kann. Man ist im Bilde und hat durch die wechselnden Perspektiven sogar mehr Einblicke als die Wohngemeinschaft. Jörgs Gesundheitszustand nach der OP ist für Außenstehende somit eher zu erahnen als für die Betroffenen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt lässt sich das Buch übrigens nicht mehr aus der Hand legen. Ich habe selten ein Buch mit einer solchen Thematik in einer solchen Geschwindigkeit inhaliert. Nicht, dass das Problem zur Lösung Superhelden gebraucht hätte. Vielleicht ist genau diese Alltäglichkeit, dass es jeden zu jeder Zeit so treffen kann, die Sogwirkung. Mit den Gesprächen wirkt es so lebendig und realistisch, dass man sich unweigerlich ebenfalls betroffen fühlt. Die Zeitspanne umfasst dabei ein Jahr.
Das Hörbuch ist ungekürzt 5 Stunden 50 Minuten lang. Es wird von Heikko Deutschmann, Katharina Wackernagel, Lavinia Wilson, Serkan Kaya, Julian Horeyseck, Gabriele Blum, Oliver Kube, Marian Funk und Isabel Bogdan gesprochen. Die Sprecher spiegeln die lebendige Umgebung der Wohngemeinschaft und ihre Bezugspunkte. Sie lassen damit beim Hören das Kopfkino beginnen.
Hörprobe
"Wohnverwandtschaften" von Isabel Bogdan ist ein emotional anrührender Roman, der den Spagat schafft, mitten im turbulenten Großstadtleben ein empfindliches Thema so zu platzieren, dass die Zerbrechlichkeit des Lebens deutlich wird. Die Autorin geht dabei verantwortungsbewusst vor. Sie stellt die Freundschaft der Beteiligten in den Vordergrund und weist wie nebenbei darauf hin, dass es nicht immer die Familie sein muss, die in Notlagen einspringt. Wie Murats Spätzle, ist das Drama zwischen Lebenslust und Tragik perfekt abgeschmeckt.