Andersig

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archer Avatar

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Diese Geschichte wird erzählt von einem, um den es eigentlich gar nicht geht. Er ist der Ich-Erzähler, der Beobachter, der Wegschauer, der Manchmal-Mutige, der Unfreiwillige im Wald. Zusammen mit fast allen anderen aus seiner Klassenstufe fährt er die erste Ferienwoche in ein Ferienlager, mitten in der Natur. Mit Wald und Bäumen und Insekten und so. Ohne Stadt und Häuser und Handys und so. Und so schrecklich er das alles findet, viel schlimmer ist es für seinen Klassenkameraden Jörg. Der ist das typische Mobbingopfer: ruhig, klug, zurückgezogen, nerdig, ist gern in der Natur, wandert gern, hat einen alleinerziehenden Vater. Jörg wird von Marko und seiner Gang gehänselt, getriezt, fertig, "andersig" gemacht. Und daran ändert leider auch der Wolf nichts, der immer wieder in der Hütte der beiden Jungs auftaucht.

Das Buch wird vom Autor selbst gelesen und der macht das echt cool. Man nimmt ihm den etwa dreizehnjährigen Erzähler absolut ab. Auch das ganze Feeling drumherum, das Kindsein, das Unwohlsein in Bezug auf Natur und das Ich-möchte-gern-in-der-Nähe-dieses-Mädchens-sein funktioniert absolut. Das Mobbing macht wütend, die kaum vorhandenen Reaktionen der Erwachsenen darauf ebenso und auch auf gewisse Weise hilflos. Allerdings hat man dann das Gefühl, der Autor will zu viel: nämlich die Gefühle des Jungen irgendwie visualisieren, indem er einen Wolf drausmacht. Und das klappt meiner Meinung nach eher so semigut. Oder gar nicht. Ich bin offiziell erwachsen und ich kratze mich am Kopf und frage mich, was mir der Autor mit seinem Wolf eigentlich sagen möchte. Es hilft auch absolut gar nicht, dass er am Ende der Geschichte eine wirre Erklärung für seine Intentionen abgibt. Rein subjektiv weiß ich, dass ich in dem Alter damit gar nichts hätte anfangen können, zumal es auch kein Ende, keinen Erklärungsversuch, keinen Lösungsansatz gibt. Ich finde das unbefriedigend - was sollen dann betroffene Jugendliche damit anfangen oder gar davon halten? Schade eigentlich. Ohne den Wolf hätte "Wolf" eine echt coole Kindergeschichte werden können.