Zwei Gesichter

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
aennie Avatar

Von

Kann das wirklich sein? Kann es sein, dass der aufopferungsvolle Vater, hilfsbereite Nachbar, begeisterter Hobby-Sänger ein Massenmörder ist? Lotte Soltau kann es sich nicht vorstellen. Es muss einfach eine andere Erklärung dafür geben, dass sie nach dessen Tod und im Zuge der Nachlassregelung in der Lagerhalle ihres Vaters einen überaus grausigen Fund gemacht hat. Er kann nichts davon gewusst haben. Niemals wäre ihm zuzutrauen, Fässer mit Formaldehyd und Leichenteilen zu füllen und aufzubewahren… Kommissarin Kira Hallstein ist da anderer Meinung, denn von Beginn an sprechen alle Indizien dafür, dass Lotte nur die Fassade ihres Super-Daddys kannte und er ein verborgenes, grausames, zweites Gesicht hat, zum Wolf wird, der in den letzten Jahren – vielleicht Jahrzehnten – unzählige Opfer auf bestialische Weise getötet hat. Hallstein und Kollege Lohmeyer beginnen zu ermitteln, in Soltaus Vergangenheit, seinen Geschäftsbeziehungen, seiner Familiengeschichte. Schnell ist klar, viele der Opfer stammen von den übelsten Straßenstrichen, die Berlin zu bieten hat und alle entsprechen einem gewissen Typus. Und Soltau kann nicht alleine gehandelt haben, es muss ein zweiter Täter existieren.
Wolfswut ist ein überaus fesselnder Thriller. Die interessanten Personenkonstellationen, insbesondere mit Kira Hallstein, die gegen ihre eigenen Dämonen kämpft und am Ende viel persönlicher in den Fall verwickelt ist, als man (zumindest ich) geahnt hätte und die Grausamkeit der Ereignisse sorgen für durchgehende Hochspannung. Ich mochte vor allem, dass wirkliche Ermittlung in diesem Thriller einen breiten Raum einnimmt und offenbart wird, wie tief wirklich manchmal und immer wieder gegraben werden muss, um am Ende die entscheidenden und richtungsweisenden Details, die zur Auflösung führen, ans Tageslicht zu befördern. Sprachlich mochte ich die klare, berichtende Art des Autors, die Längen somit weitgehend vermieden hat.
Mein einziger Kritikpunkt an Wolfswut, ist eigentlich das, was alle Leser sehr schätzen und in gewissem Maße fand ich es ja auch gut, dass sich am Ende nicht diejenige Person als zweiter Täter herausgestellt ist, die man ab einem gewissen Zeitpunkt der Handlung im Visier hatte. Aber, wer es denn nun letztendlich war, und die spezielle Konstellation – naja, ich fand es etwas sehr viel Zufall.
Ungeachtet dessen spreche ich für diesen spannenden und unterhaltsamen Thriller eine klare Leseempfehlung aus.