Großartige Geschichte - leider mit Schwächen im Erzählen

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soetom Avatar

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Ganz ohne Frage: Die Geschichte ist großartig, voller überraschender Wendungen und Spannung bis auf die letzte Seite. Es ist fast unmöglich, mehr über den Inhalt zu erzählen als auf dem Klappentext steht, ohne einen Spoiler zu produzieren.

Es gelingt ausgesprochen gut, einen klassischen Detektivgeschichten-Plot in die heutige Zeit zu versetzen. Da wird das Landhaus im Moor, in dem sich bei Agatha Christie die Lords und Ladys treffen, zum luxuriösen Kreuzfahrtschiff, auf dem sich Redakteure gehobener Reise-Zeitschriften zur Jungfernfahrt versammeln. Und es geschieht ein Mord, den nur einer der Anwesenden begangen haben kann. Solche Szenarios kennt wahrscheinlich jeder. Und das Spiel mit den Erwartungen an die Handlung, die damit verbunden sind, unerwarteten Abweichungen von den Erwartungen gelingt gut. Wie gesagt: Die Geschichte an sich ist großartig.

Trotzdem hab ich mich bei der Lektüre besonders wirklich schwer getan. Die Protagonistin wurde für mich einfach nicht nachvollziehbar. Sie ist als Reisejournalistin auf einem Schiff, tut aber über den gesamten Roman nichts, was ich mit einer Journalistin verbinden würde. Höchstens erfährt man aus ihren inneren Dialogen, was sie glaubt was sie eigentlich tun müsste – aber sie macht es eben nicht. Dadurch wirkt sie extrem unprofessionell – was nicht zum luxuriösen Ambiente passt, in das sicherlich keine Amateurin geschickt würde.

Dazu kommt ihr scheinbar unkontrollierter Alkoholkonsum. Natürlich kann eine Romanfigur mit Alkoholproblemen auch charakterisiert werden. Aber auch das passiert genauso wenig, wie ihre Psychopharmaka, die die Protagonistin seit ihrer Jugend nimmt. Beides bleibt irgendwie für mich stehen, ohne Entwicklungen zur Geschichte beizutragen.

Für mich bleibt so der Beigeschmack, dass aus einer guten Geschichte nicht alles herausgeholt wurde. Schade.