Paranoia oder Verbrechen?

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igela Avatar

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Laura "Lo" Blacklook fühlt sich nicht mehr sicher. Eines nachts erwacht sie und ein fremder Mann steht vor ihrer Schlafzimmertüre. Da kommt der Reisejournalistin der neue Job gerade recht. Sie soll mit dem Schiff "Aurora Borrealis" auf Jungfernfahrt gehen und einen Bericht über die Luxusjacht schreiben. Doch Lo gerät vom Regen in die Traufe. Denn sie beobachtet einen Mord in der Nachbarkabine. Doch niemand will ihr glauben, denn es wird weder ein Passagier noch ein Crewmitglied vermisst. Wer war die fremde Frau in der Nachbarkabine und was ist mit ihr geschehen?

Ruth Ware hat sich entschlossen den Start ins Buch mit einer Szene zu beginnen, die wohl für alle von uns der blanke Horror bedeuten würde. Man erwacht nachts und vor der Schlafzimmertüre steht ein Einbrecher. Diese Szene ist sehr bildlich beschrieben und man spürt als Leser, das Grauen, das Lo empfindet. Das Trauma, das sie bei diesem zutiefst verängstigenden Vorfall erleidet, konnte ich sehr gut nachvollziehen.
Nach dieser Szene wird es Punkto Gänsehaut ruhig während dem ersten Drittel des Thrillers. Unterschwellig spürt man, dass da noch ein grosser Knall kommen wird. Doch erst mal lullt die Autorin die Leser mit alltäglichen Urlaubsszenen ein. Diese sind durch den sehr flüssig geschriebenen Schreibstil gut zu lesen und abwechslungsreich. Ein wenig hat mich der Alkoholkonsum von der Protagonistin gestört. Seite 28 wird schon der zweite, totale Filmriss wegen dem Alkoholkonsum erwähnt. Seite 90 erleben wir Lo zum dritten Mal total betrunken neben der Spur. Mich hat nicht etwa gestört, dass sie Alkohol in grossen Mengen konsumiert, sondern dass dies als Grund für Blackouts, die wichtig für die Handlung waren, herhalten mussten.
Nach und nach lernt man die Protagonistin kennen. Ihr Zivilstand, ihre Ängste und Träume. Ich empfand sie nicht als unsympathisch, sondern als sehr labil, wankelmütig und unsicher.
Nach einem Drittel Buch beginnt der Psychothriller. Als Leser ist man absolut nie sicher, was Lo tatsächlich erlebt und was ihrer Paranoia geschuldet ist. In dieser Situation wurden ein, zwei Zeitungsartikel eingefügt, die meine Neugier angestachelt und die Spannung in die Höhe geschraubt haben. Clever gemacht von der Autorin!
Als sehr wohltuend empfand ich die Klarheit im Aufbau der Geschichte. "Woman in Cabin 10" beinhaltet ein einziger Erzählstrang und eine fortlaufend erzählte Handlung ohne lästiges Hin und her hüpfen in Zeit und Handlung.
Bis zum Schluss habe ich also auf den grossen Knall hingefiebert: Er kam…er kam! Und noch dazu mit einer sehr überraschenden Wendung. Ich hatte verschiedenen Theorien was mit der Frau aus Kabine 10 geschehen ist...und auf diese Lösung wäre ich nie gekommen.