Atmen - mehr aus als ein

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Schon das Buchcover hat meine Neugier geweckt, es hat mich ein wenig an ein Gemälde von Claude Monet erinnert. Beim Lesen des Romans hatte ich dann immer wieder den Gedanken, wie passend das Cover zur Geschichte gewählt ist. Hauptfigur des Romans ist Julia, eine Krankenschwester Ende Dreißig, die nach einem Behandlungsfehler ihren Job im Krankenhaus verliert und dadurch einen gesundheitlichen Zusammenbruch erleidet. So am Boden kehrt sie aus der Stadt zurück in ihr Heimatdorf in den Bergen, um in ihrem Elternhaus zur Ruhe zu kommen und sich neu zu orientieren. Wovon sie sich Halt und Unterstützung verspricht, ist jedoch bei ihrer Rückkehr nach all den Jahren nichts mehr da: der Vater lebt zurückgezogen und verbittert, die Mutter ist aus der immer schon unglücklichen Ehe endlich ausgebrochen und lebt nun auf Sizilien, das Heimatdorf und seine Bewohner scheinen in Trostlosigkeit, Bitterkeit und Perspektivlosigkeit gefangen. Einziger Lichtblick für Julia ist die Begegnung mit dem "Städter" Oskar, in den sie sich verliebt und der mit seinem Optimismus und seiner Zuversichtlichkeit einen klaren Gegenpol zu ihrer eigenen Unsicherheit, Niedergeschlagenheit und ihren Zweifeln bildet. Birgit Birnbacher hat die einzelnen Figuren, die Beziehungen untereinander (allem voran die schwierige Vater-Tochter-Beziehung, aber auch die von Mutter und Tochter, von Schwester und Bruder, von Freunden und Freundinnen) und die Geschlechterrollen sehr eindrücklich und treffend beschrieben. Ihre Sprache ist knapp und extrem dicht. Man braucht schon die volle Aufmerksamkeit beim Lesen, um auch die unausgesprochenen Worte zwischen den Zeilen nicht zu übersehen. Aber genau das hat das Lesen für mich so spannend und intessant gemacht. Klare Leseempfehlung!