Bewegende Beobachtungen über das Leben

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leseclau Avatar

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Manchmal bleibt einem fast die Luft weg, bei diesen genauen Beobachtungen über den Alltag in einem überalterten Dorf.

Julia kehrt in dieses Dorf zurück, nachdem sie ihrem alten Leben in der Stadt den Rücken kehren muss. Und dieses alte Leben hat sie krank gemacht. So krank, dass sie nicht nur Atemnot hat, sondern dass ihr auch ein fataler Fehler bei der Arbeit unterlief. So ist sie nun gekündigt, in Rekonvaleszenz und trifft auf ihre Heimat, in der Krankheit und Arbeitslosigkeit nur allzu präsent sind. Bedrückend ist die Beschreibung des Männeralltags, in dem bis 11 Uhr alles erledigt ist und nur noch das Wirtshaus bleibt – ebenso heruntergekommen, wie die Menschen selbst.
Bedrückend ist auch auf die Sicht der Frauen, die stets der Familie zu Diensten sein sollen. Die Mutter ist daraus geflüchtet, doch muss Julia jetzt ihre Rolle einnehmen?

Halt findet Julia in einem Fremden - dem Städter, der scheinbar unbeschwert durchs Leben läuft und das Glück nur so anzieht. Der einfach macht, was ihm gefällt, nicht lange grübelt. Der mutig ist und Veränderungen anstößt. Doch will Julia sich an ihn binden – und damit ans Leben im Dorf?
Ganz schwere Themen bearbeitet Birgit Birnbacher in ihrem Buch. Ganz ehrlich werden Gedanken und Bedenken (bin ich verpflichtet, meine Eltern zu pflegen?) ausgesprochen. Julias Zwiespalt zwischen Verbundenheit und dem Wunsch nach Freiheit liest sich in jeder Zeile des Buchs. Und das passiert mit ganz feinen, ausgewogenen Worten. Es lohnt sich, immer mal wieder im Buch zu blättern und einzelne Sätze wirken zu lassen.