Liebevoll und gnadenlos!

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lukesky Avatar

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„Genau genommen ist nichts der Rede wert, genau genommen muss auch nichts genau genommen werden."

Ein kleiner Moment der Unkonzentriertheit führt dazu, dass Julia mit Ende dreißig ihre Arbeit als Krankenschwester verliert. Eine Situation, die ihr buchstäblich den Atem nimmt und letztlich dazu führt, die Stadt wieder gegen die Heimat ihrer Eltern im salzburgerischen Innergebirg zu tauschen. In der kleinen Landgemeinde ist vieles so, wie es immer schon wahr. Und doch ist die Veränderung unübersehrbar. Die Jugend zieht weg, die Männer verspielen nach der Schließung der Fabrik ihr letztes Geld beim Dorfwirt. Und Julia wird, nachdem ihre Mutter der Enge entflohen ist, rasch in die Rolle gedrängt, die von ihr als Frau erwartet wird: Irgendwer muss sich ja um den Vater kümmern.

Birgit Birnbacher hat einen beeindruckenden Text zum Thema Arbeit geschrieben. Eine Reflexion zu unerfüllten Träumen und Bedürfnissen, eine kritische Betrachtung von unbezahlter Arbeit und Arbeit aus Leidenschaft. Viel steckt in diesem Roman, ohne dass sich die Handlung dabei verliert oder eine Meinung aufdrängen will. Das Ende kommt dabei so überraschend, wie konsequent.

Die Sprache der Autorin besticht in gleicher Weise wie die Handlung. Prägnante Formulierungen und messerscharfe Beschreibungen lassen die dörfliche Enge und die Personen lebendig werden. Zutiefst österreichisch, dabei liebenvoll und gandenlos gleichzeitig.
Ich habe den Roman in kürzester Zeit verschlungen und konnte gar nicht genug bekommen von der Geschichte um Julia, ihren Bruder David, Oskar und den alten Potutznik.

Große Leseempfehlung!