Absolut brillant

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In ihrem Roman "Yellowface" befasst sich die Autorin R.F. Kuang mit verschiedenen Themen, unter anderem den Untiefen der Buchindustrie, der nicht selten toxischen Online Seite der Buchwelt - sie zeigt auf, dass X (ehemals Twitter), Instagram und Co. auch ihre dunklen Seiten haben. Dabei wird zudem die Frage diskutiert, ob es Grenzen gibt, wer welches Buch schreiben darf, und wo diese verlaufen - oder verlaufen sollten. Wir folgen der Protagonistin June, die nach einem tragischen Unfall das Manuskript der bekannten Autorin Athena Liu mitgehen lässt, dieses ausarbeitet und schließlich als ihr eigenes veröffentlicht. Als herauskommt, dass June nicht zu der marginalisierten Gruppe gehört, über die sie schreibt, erntet sie Kritik. Das Thema, wer welche Bücher schreiben darf wird zu Diskussion und Leser*innen wird ein Einblick in die Debatte gegeben und sie werden damit konfrontiert, wo im Buchmarkt Rassismus auftauchen kann. Und statt am Ende eine klare Definition zu bieten oder klare Regeln aufzustellen, regt das Buch dazu an, sich selbst mit der Thematik auseinanderzusetzen. Die Geschichte wird aus June’s Sicht geschrieben, sodass Leser*innen einen tiefen Einblick ihrer Gefühls- und Gedankenwelt bekommen. Durch diese Einblicke wird die Beziehung als Leser*in zur Protagonistin plötzlich kompliziert. Auf der einen Seite steht - zumindest tat es das bei mir - das natürliche Bedürfnis, die Protagonistin zu mögen. Und auf der anderen stehen ihre Taten und das Wissen, das es nicht Richtig war. June als sympathisch zu beschreiben fühlt sich also falsch an. Es ist komplizierter. Es ist teilweise sehr schwer sich in June hineinzuversetzen - aber es fühlt sich so gewollt an, dass es der Brillanz des Buchs keinen Abbruch tut. Diese komplexe Beziehung zur Protagonistin ist einer der Gründe, warum sich das Buch unglaublich schnell lesen lässt. Hinzu kommen der flüssige Schreibstil, der selbst komplizierte Hintergründe auf einfache Weise verständlich macht, und ein guter Spannungsbogen. Trotz der nicht fröhlichen Geschichte, war es eine wahre Freude durch die Seiten zu fliegen. Das kommt auch daher, dass es sich nie wie eine Belehrung stattfindet, sondern sich auf teilweise satirisch anmutende Weise mit den Themen auseinander gesetzt wird. Ständig wollte ich wissen, wie es weitergeht und war nur so in den Bann gezogen von diesem Buch. Nachdem ich Babel (eine frühere Veröffentlichung der Autorin) bereits absolut geliebt habe, konnte mich jetzt auch Yellowface begeistern. Yellowface zeigt viele dunkle Seiten der Buchwelt und von Social Media auf und deutet dabei auf weitreichendere menschliche Abgründe hin. Wie weit June wirklich bereit ist zu gehen, zeigt sich, während sie sich mit dem Diskurs rund um ihre Veröffentlichung auseinandersetzt. Dadurch regt es zum Nachdenken an und wird mir noch lange in Erinnerung bleiben. Ich kann das Buch jedem wärmsten empfehlen. Besonders aber Buchblogger*innen, denn das Buch hält der Buchcommunity auf brillante Weise einen Spiegel vor.