Aufstieg und Fall einer plagiierenden Bestsellerautorin

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takabayashi Avatar

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In dieser Satire zum Thema kulturelle Aneignung geht es um die beiden Studienfreundinnen June (Juniper) Hayward und Athena Liu. Beide sind Schriftstellerinnen, allerdings unterschiedlich erfolgreich. Athena, chinesisch-stämmige Amerikanerin ist ein junger Shooting Star der Literarurszene, während Junes Debutroman ein Rohrkrepierer war. Die beiden feiern Athenas Netflix-Vertrag, trinken viel, backen sich irgendwann Pancakes - und Athena verschluckt sich daran und erstickt. In dieser schrecklichen und emotionalen Situation lässt sich June dazu hinreißen, Athenas gerade fertiggestelltes, neuestes Manuskript an sich zu nehmen!
Und dann bearbeitet sie es und gibt es schließlich als ihr eigenes Werk aus. Das Problem ist nur, dass es sich um ein sehr chinesisches Thema handelt, und jeder sich wundert, warum eine junge, weiße Amerikanerin einen Roman über die Ausbeutung chinesischer Zwangsarbeiter während des
ersten Weltkriegs schreibt!
Nichtsdestotrotz wird das Buch ein großer Erfolg und June, die sich auf Betreiben ihres Verlags hin nun Juniper Song nennt, ist plötzlich reich und berühmt, eine einflussreiche Persönlichkeit. Sie kann ihr Glück kaum fassen und verfolgt eifrig, wie sie in den sozialen Medien ein Star wird. Was sie getan hat, redet sie sich vor sich selber schön (sehr viel im Roman stammt doch von ihr und außerdem wäre der doch sonst gar nicht veröffentlicht worden, sie hat Athena einen Gefallen getan, etc.) Sie liest jede einzelne User-Rezension und reagiert sehr empfindlich darauf, wenn sie weniger als 5 Sterne bekommt. Und dann schlägt plötzlich die Stimmung um, es kommen Gerüchte auf, dass sie das Buch gar nicht verfasst habe, man wirft ihr kulturelle Aneignung vor, kritisiert ihren Stil als kolonialistisch und rassistisch.
Diese Geschichte zeigt sehr gut diesen Stimmungswandel ihr gegenüber, nicht nur in den sozialen Medien, sondern auch bei den Verlagsmitarbeitern, die anfangs noch zu ihr halten, dann aber doch auch von der allgemeinen Stimmungsmache beeinflusst werden, und man selbst als Leser ändert beim Lesen auch ständig seinen Standpunkt.
Man erfährt sehr viel über das moderne Verlagswesen, von der Meinungsmache und dem Einfluss der sozialen Medien und die Autorin schafft es, relevante gesellschaftliche Themen anzusprechen und dabei trotzdem gut zu unterhalten.
Im Mittelteil hätten für meinen Geschmack ein paar Kürzungen gut getan, aber insgesamt eine informative, interessante und amüsante Lektüre.