Provokant und moralisch fragwürdig

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
papilionna Avatar

Von

Puh, ich weiß ehrlich nicht, wie ich dieses Buch angemessen beschreiben, geschweige denn bewerten soll. Ich habe das Gefühl, dass keine Interpretation der Geschichte gerecht werden und ihre moralische Ambiguität komplett wiedergeben kann. Außerdem steht es mir nicht zu, etwas über die Rassismuserfahrungen diskriminierter Gruppen in der Verlagsindustrie zu sagen.

Aber erst einmal kurz zum Inhalt: die Protagonistin Juniper, eine weiße Frau, deren Bücher sich mehr schlecht als recht verkaufen, stiehlt vom Schreibtisch ihrer kürzlich verstorbenen (asiatischen) Freundin Athena Liu ein Manuskript, das sie folglich als ihr eigenes ausgibt. Infolgedessen stellen sich großer Erfolg, aber auch viel Kritik an ihr ein, was im Verlauf des Buchs zu immer krasseren Maßnahmen führt. Der letzte Akt ist für meinen Geschmack ein bisschen zu sehr abgedriftet, außerdem waren die Handlungen der Protagonistin teilweise sehr schwer mitanzusehen.

Ich habe mich während des Lesens immer wieder dabei ertappt, wie ich die Argumente beider Seiten dankbar aufgegriffen habe, mal in diese, mal in jene Richtung schwankte und dabei immer das Gefühl hatte, die moralische Überlegenheit zu haben.
Die Autorin schafft es grandios, dem Leser seine eigene Leichtgläubigkeit und vielleicht auch Hybris aufzuzeigen.
Oder ist es doch alles nur ironisch und sie profitiert von genau dem System, das sie im Buch mitunter kritisiert?

Ein wirklich faszinierender Roman, der Raum für Diskussionen über kulturelle Aneignung und Cancel Culture bietet und den Leser sich selbst hinterfragen lässt.