Viel Hype um wenig…

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hurmelchen Avatar

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Natürlich bin ich nicht mehr die Zielgruppe dieses Romans, aber das war ich bei Harry Potter auch nicht.

Genau das ging mir bei der Lektüre die ganze Zeit durch den Kopf.
Die Geschichte der mittelbegabten Schriftstellerin June Hayward, alias Juniper Song, die das Werk ihrer Konkurrentin Athena Liu nach deren Tod, bei dem sie zufällig zugegen ist, mitgehen lässt und für ihr eigenes ausgibt, hat eigentlich alles, was Großartig sein könnte, und trotzdem kommt dieses Buch über ein Mittelmaß nicht hinweg.

Rebecca F. Kuang, im wahren Leben eine gehypte, asiatisch- stämmige, bildschöne, junge Schriftstellerin hat ihr erstes nicht im YA - Sektor ansässiges Buch geschrieben und einen Begeisterungssturm entfacht, der dem in „Yellowface“ beschriebenen sehr nahe kommt. Immer wieder fragen sich Leserinnen, ist dieser Roman autobiografisch? Und wenn ja, wen verkörpert RFK? June oder Athena?
Zusammen mit den Werbegoodies, die der deutsche Verlag bereit hielt ( gelber Stoffbeutel, bei der ersten Auflage ein wunderschöner Farbschnitt), wurde eine beträchtliche Werbekampagne gestartet und es kam, wie es kommen musste: Art imitates Life! Alle fahren auf „Yellowface“ ab!

Das Buch an sich kann dem Hype leider nicht gerecht werden. Ist die Prämisse noch großartig und spannend, mäandert der Erzählstil schon bald vor sich hin. Der introspektive Blick der betrügenden Protagonistin June Hayward wird bald langweilig, da sie in permanente Selbstrechtfertigungen und Gejammer verfällt, um ihr Lügengerüst aufrecht zu halten. Andere Figuren, die der Geschichte gut getan hätten, den Blick geöffnet hätten, kommen nur als bald wieder in der Versenkung verschwindende Nebendarsteller vor. Die Orte der Handlung beschränken sich auf Innenräume, in denen June ununterbrochen ihre Social Media Kanäle befragt, telefoniert, oder versucht, neue Bücher zu schreiben.

Zugegeben, dieser Roman trifft den Zeitgeist perfekt, zeigt den Druck im Verlagswesen und die Verheerungen, die Social Media bewirken kann, zeigt, was es mit kultureller Aneignung und Cancel Culture und einem alltäglichen Rassismus auf sich hat, aber eine durchkomponierte Dramaturgie, Entwicklung der Protagonistin, oder eine fesselnde Geschichte, kann ich in diesem Bestseller nicht ausmachen.

Rebecca F. Kuang sollte man dennoch im Auge behalten!