Weiß statt Gelb

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tochteralice Avatar

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Kein "Yellowface", in diesem Falle: keine Chinesin zu sein - ist das tatsächlich June Haywards größtes Manko nach der Veröffentlichung ihres bejubelten Romans "Die letzte Front" über die weitgehend unbekannte Rolle der chinesischen Arbeiterfront im Ersten Weltkrieg?

Oder ist ihrem neuesten Werk tatsächlich anzumerken, wo es herkommt? Nämlich geradewegs vom Schreibtisch ihrer gerade verstorbenen ehemaligen Komillitonin Athena, einer gefeierten Bestsellerautorin. Wobei June, aus deren Sicht die gesamte Handlung geschildert wird, uns Leser:innen glauben machen will, dass sie diese nur als Impuls, sozusagen als Starter verwendete. Oder ist es tatsächlich so?

Autorin Rebecca F. Kuang ist Meisterin in der Darstellung unterschiedlicher Perspektiven, möglicher Optionen, Positionen und Einstellungen - eine überzeugender als die andere. Was sollen bzw. können wir Leser:innen glauben, wobei führt uns June auf einen Holzweg?

Zudem ist das Thema in dieser Art meines Wissens noch nie so eindringlich betrachtet worden, allerdings auch nicht so sehr dem Zeitgeist entsprechend. Und der geht an mir, die deutlich älter ist als Autorin und Hauptperson, dann doch ziemlich stark vorbei.

Außerdem setzt vieles auf die unterschiedliche Herkunft der beiden Autorinnen June und Aurora - also weiß und asiatisch. Aus meiner Sicht nicht die einzige, auch nicht unbedingt die vordergründigste Art der Betrachtung, auch wenn es ist der Tat überrascht, dass June, die bisher in ihrer Schriften noch nicht viel - genauer gesagt, gar nichts - mit China bzw. Asien generell zu tun hatte, ein so spezielles Thema wählt.

Ein Roman, der mich beschäftigt, aber nicht begeistert. Vielleicht, weil ich nicht zur mutmaßlichen Zielgruppe gehöre, vielleicht aber auch, weil das alles ein bisschen "too much" ist. Dennoch durchaus lesenswert.