Wer ist hier verrückt?

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frabo96 Avatar

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Die Beziehung zwischen den beiden Autorinnen June Hayward und Athena Lui schwankt zwischen Konkurrentinnen und Freundinnen. Athenas Werke werden aufgrund ihrer einzigartigen Sichtweise einer Frau mit asiatischen Wurzeln gefeiert, während die Weiße June unbedeutend bleibt und neidisch auf Athenas Erfolg blickt. Doch das Blatt wendet sich, als June miterleben muss, wie Athena auf grauenhafte Weise stirbt - und in ihrer Wohnung kurz darauf ihr neustes Manuskript findet. Sie lektoriert das Werk, von dessen Existenz bisher niemand wusste, und verkauft es unter ihrem Namen an einen Verlag - und es wird zum Erfolg. Wir erleben nun aus Junes Sicht, wie sie mit diesem Erfolg umgeht, aber auch, wie sie die Schuld langsam verrückt werden lässt.

Schon in "Babel" hat mir Kuangs ziemlich einzigartige Sichtweise auf Rassismus unheimlich gut gefallen. Und auch in "Yellowface" schafft sie es wieder, sich auf erfrischende Weise mit dem Thema zu beschäftigen. So hinterfragt man sich (vor allem als Weißer Leser) immer wieder selbst, wenn manche von Junes Handlungen als durchaus plausibel erklärt werden, aber man sich dann selbst dabei erwischt, wie man merkt, dass das alles doch auf sehr rassistischen Grundgedanken beruht. Dabei wird aber auch immer wieder klar, dass bei dem Thema nicht immer alles eindeutig ist und man vieles kritisch hinterfragen sollte.

Auch gut gefiel mir der Einblick in die Verlagswelt, der sicher auch von den persönlichen Erlebnissen der Autorin geprägt ist. Sie zeigt gut, welche Rolle heutzutage Social Media und Bewertungsplattformen spielen und welche Angst selbst bei etablierten Autor*innen darüber herrschen, in Vergessenheit zu geraten. Dahingehend finde ich auch besonders erwähnenswert, wie gut man Junes inneren psychischen Verfall miterleben konnte.

Der Hype ist bei diesem Buch total berechtigt. Wer einen einzigartigen Einblick auf die Buchbranche haben möchte, sollte es unbedingt lesen