Anstrengender Schreibstil, noch nervigere Hauptperson (Donna)...

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Inhalt

Vor einem Jahr wurden durch eine Seuche alle Erwachsenen und kleinen Kinder ausgelöscht. Die Jugendlichen in New York haben sich in Clans organisiert und bekämpfen sich gegenseitig. Auch Jefferson, der Anführer des Washington-Square Clans und Donna, die er schon seit seiner Kindheit kennt, versuchen sich durchzuschlagen. Doch dann taucht plötzlich eine Schrift über die Krankheit auf - und damit die Hoffnung darauf ein Heilmittel zu finden...


Meine Meinung

Der Schreibstil in diesem Buch ist sehr ungewöhnlich. Abwechselnd wird aus Sicht von Jefferson und Donna im Präsens erzählt. Beide erzählen in einer Art "Jugendsprache". Jefferson erzählt aber sehr viel gewählter und wirkt dadurch gebildeter, Donna hingegen versucht mit ihrem Erzählstil wohl unglaublich cool und hart rüber zu kommen. Was am Anfang noch lustig war, fing bereits vor den ersten hundert Seiten an, mich zu nerven. Worte, die ungefähr tausendmal vorkommen, um etwas zu beschreiben: Adjektive die mit einem "super" beginnen wie z.B. "supergruselig", Worte wie "Ding" und "Dinger" und "voll". All die Schimpfworte ("Bitch" wird in einem derart unpassenden Moment verwendet, dass ich nur den Kopf schütteln konnte) und Möchtegern-coolen Ausdrücke kommen da noch dazu. Schon lange hat mich der Schreibstil eines Buches nicht mehr so weit gebracht, dass ich mich zusammen reißen musste, um das Buch nicht an die Wand zu werfen. Ich habe fast ständig die Augen überdreht, weil alles entweder so "hart und cool" oder aber unpassend kitschig beschrieben wurde, dass ich alleine deshalb Donna zu hassen begonnen habe. Ansonsten gibt es wenigstens keine Stolpersteine oder Wortwiederholungen, auch wenn das nicht mehr viel retten kann. Beispiele:

„Auf einer Seite sitzt ein fetter, bärtiger Grieche auf einer Sphinx. Auf der anderen steht die Statue einer halbnackten Tusse mit Cellulitis.“ Seite 90

„In der guten alten Zeit, bevor die Kacke zu dampfen anfing, gab es sowas wie … den Gesellschaftsvertrag?“ Seite 78

Dazu kommen noch die seltsamen Dialoge. Wörtliche Reden werden nämlich nur mit dem Namen der Person und einem Doppelpunkt eingeleitet (in den Kapiteln aus Donnas Sicht). Das liest sich fast wie ... wie in einem Drehbuch. Was ist noch einmal der Autor vom Beruf? Ach ja, Drehbuchautor! Na dann, alles klar! Wenn man sich dazu entschließt ein Buch zu schreiben, sollte es sich auch wie ein Buch lesen. Nach einer Weile war nämlich auch das anstrengend, weil so die Dialoge auf mich platt wirkten und so als wäre der Autor zu faul gewesen, sie ordentlich auszuformulieren. (Auch wenn ich weiß, dass es sich hier um ein bewusst eingesetztes Stilmittel handelt - trotzdem, es nervt!) Man hätte die Dialoge nutzen können, um die Mimik, Stimmlage und Persönlichkeit verschiedener Figuren nutzen können. In einer anderen Rezension habe ich gelesen, dass das Buch wirkt, als hätte sich der Autor schon beim Schreiben überlegt, wie man das Ganze am besten verfilmt - ja, dem stimme ich zu.

Generell scheint sich der Autor vor bekannten Ideen und Klischees nicht zu scheuen: Auch wenn er einiges selber einbringt, scheint es mir fast so, als hätte er sich aus einigen Endzeit- oder Horrorfilmen ein paar Dinge zusammengesucht und diese dann mit einem Mixer ordentlich vermischt.

Die Personen konnten mich nur zum Teil überzeugen. Zu Beginn wird noch versucht, die Nebenfiguren auszuarbeiten, doch dieses Vorhaben wird zugunsten der Handlung immer mehr vernachlässigt. Am Ende bleiben also die meisten blass und stereotyp, manche von ihnen nerven leider auch.

Ich konnte mich in dieser Geschichte viel besser mit Jefferson identifizieren als mit der vulgären, "coolen" Donna. Jefferson ist intelligent und entwickelt beim Versuch, das Chaos um sich herum zu verstehen, so manche interessante und lustgige Erklärung wie zum Beispiel die "Schwachsinn-Radius-Theorie", die die Wahrheitswahrscheinlichkeit von Berichten beschreibt. Seine Gefühle konnte ich, zumindest die meisten, nachvollziehen. Er hat ein Gewissen, ist nicht skrupellos (auch wenn er ohne Frage einige Fehler macht) und hat ein gutes, romantisches Herz.

Über Donna gibt es eigentlich nicht viel zu sagen. Es nervt mich einfach, wenn Autoren so unbedingt wollen, dass ihre jugendlichen Figuren unglaublich cool wirken. Donna ist extrem anstrengend, und am lächerlichsten fand ich ihren plötzlichen Wandel, als sie sich verliebt. An einer Stelle sagt sie, sie findet den Rost an einem Boot schön. Wer bitte findet Rost schön? Das war einfach zu übertrieben, um glaubhaft zu wirken.

Sehr positiv anzumerken ist der Spannungsbogen. War ich nach den ersten siebzig Seiten noch etwas gelangweilt, zieht die Spannung danach stark an und hält sich (mit kleinen Einbrüchen) auch bis zum Ende. Die sich überschlagenden Ereignissen sind auch wirklich die Stärke der Geschichte. Manchmal sind durchaus auch tiefgründige Botschaften versteckt, die einen zum Nachdenken bringen können . Auch wenn der Plot großteils aus dem gleichen Schema (Vorhaben > Gefahr > Bewältigung) besteht, hat er mich nicht gelangweilt. Allerdings hätte man vielleicht ein wenig Handlung weglassen und stattdessen den Figuren Zeit geben können, sich zu entfalten.

Das Ende selbst macht natürlich neugierig auf mehr, wurde meiner Meinung aber ein bisschen zu hastig abgehandelt, ein paar Seiten mehr wären angebracht gewesen, da es doch alles recht schnell ging.

Der Humor ist sicherlich Geschmackssache. Selten fand ich ihn lustig, meistens war er allerdings nicht meins, denn ich finde es niemals in irgendeiner Weise „saukomisch“, wenn ein Tier erschossen wird. Auch sonst ist mir die übertriebene Gewalt gegen Tiere aufgefallen. Über Hundekämpfe und ähnliches wollte ich eigentlich nicht lesen, weil mir das immer sehr zu Herzen geht. Ich finde es problematisch, solche Dinge in ein Jugendbuch zu schreiben, und damit zu zeigen, dass es ok ist, sich über das Sterben von Tieren zu amüsieren. Jugendliche und Kinder können ohnehin auch so schon grausam genug zu Tieren sein. Wenn man ihnen dann noch solche Botschaften übermittelt… Tierquälerei muss in Jugendbüchern meiner Meinung nach stark verurteilt werden - es muss klar hervorgehen, dass dies absolut falsch ist.

Die Liebesgeschichte kam leider nicht bei mir an. Die Personen verkünden an irgendeinem Punkt, dass sie sich lieben und übertreiben dabei. Dieses Geständnis war deshalb so kitschig, weil es mir unpassend vorkam. Ich konnte überhaupt nicht spüren, dass sich die beiden lieben, geschweige denn verstehen, was sie aneinander finden. Donna ist eigentlich das genaue Gegenteil von Jefferson. Da fand ich sogar Kath interessanter. Sie hätte vielleicht besser zu Jefferson gepasst, weil sie (hinter ihrer harten Schale) ein verletztes Mädchen ist, das viel durchgemacht hat und jemand Netten, Anständigen wie Jefferson verdient hätte. Schade.


Mein Fazit

Spannend, aber dafür bleibt die Charakterentwicklung ebenso auf der Strecke wie die glaubhafte Entwicklung der Liebesgeschichte. Den Schreibstil empfand ich (vor allem in den Kapiteln aus Donnas Sicht) als unglaublich anstrengend, ebenso wie Donna, die mit ihrer gewollten Coolness auf mich einfach nur nervig wirkt.

Für Fans von „coolen“ und abgebrühten Sprüchen wird das das Highlight des Jahres sein!


Übersicht

Erzählstil: Ich-Erzähler, Präsens;
Perspektive: aus weiblicher (Donna) und männlicher Perspektive (Jefferson)

positiv:
* Schreibstil am Anfang lustig, frisch
* Protagonist Jefferson ist sympathisch und seine Gefühle (meistens) nachvollziehbar
* Spannend
* gute Ideen

negativ:
* Nebencharaktere bleiben blass und stereotyp
* Protagonistin Donna ist anstrengend, ich war extrem genervt von ihr
* Schreibstil fing schon vor Seite 100 an zu nerven (Dialoge in Drehbuchform, Jugendsprache, …)
* zu viel Action, weniger wäre besser gewesen
* Hastiges Ende
* viele Klischees und schon gesehene Ideen
* Humor auf Kosten von Tieren, Tierquälerei, Hundekämpfe etc. kommen sehr oft und detailliert vor und vermitteln Jugendlichen ein falsches Bild
* Liebesgeschichte unglaubwürdig, Gefühle der Personen sind nicht spürbar

Bewertung:

Idee und Inhalt: 10 /10
Ausführung: 4 /10
Schreibstil: 2 / 10
Personen: 4 /10
Protagonisten: Donna: 2 /10, Jefferson 7 / 10

Zusatzkriterien bei diesem Buch:
Liebesgeschichte: 2 / 10
Spannung: 8 / 10
Bringt zum Nachdenken: 6 / 10
Humor: 3 / 10

Insgesamt:

❀❀

Ich vergebe zwei enttäuschte Lilien! Schade, ich hätte dieses Buch so gerne gemocht!


Ist dieses Buch Teil einer Reihe? – Ja, Band #1 der (meines Wissens) auf zwei Bände angelegten Serie „The Young World“.
Werde ich die Fortsetzung lesen? – Vielleicht mache ich das tatsächlich, weil ich einfach wissen will wohin das alles noch führt.