Anstrengend

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julie1602 Avatar

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Catherine ist 18 und James ist 20, als sie sich in den späten 1990er Jahren in der Künstlerszene Dublins kennen lernen und anfreunden. James ist schwul, was ihn im konservativen Irland dieser Zeit noch vor einige familiäre und gesellschaftliche Probleme stellt. Und als wären diese nicht schon belastend genug, werden sie auch noch durch seine angeblich beste Freundin Catherine erheblich verschlimmert, die sich hoffnungslos in ihn verliebt und allein bei dem Gedanken, er könnte einen Partner - oder allgemein eine Person, die ihm wichtiger ist als sie - finden, eifersüchtig wird und entsprechend handelt ...

Mir hat der Roman leider überhaupt nicht gefallen, was vor allem an den äußerst unsympathischen Protagonisten liegt. Sowohl Catherine als auch James sind zickige Dramaqueens, die nur um sich selbst kreisen. Vollkommen harmlose Ereignisse - zum Beispiel der gemeinsame Aufenthalt in einem Buchladen, bei dem beide denselben Mann beobachten - werden zum Desaster, und weder die beiden noch der Leser wissen, warum eigentlich. Im späteren Verlauf zeigt vor allem Catherine in ihrem als Verliebtheit getarnten Wahn beinahe psychopathische Züge, ist aber als "Böse" wiederum nicht interessant oder tiefgründig genug dafür gestaltet, dass der Leser ihre Beweggründe nachvollziehen können möchte. Man schüttelt eigentlich die ganze Zeit nur den Kopf darüber, dass jemand seinen "besten Freund" so behandelt, wie sie James behandelt. Auch dieser selbst ist allerdings wenig greifbar für den Leser - viel mehr, als dass er mit seiner Homosexualität hadert, ein guter Fotograf ist, rote Haare hat und gerne redet, erfährt man eigentlich nicht über ihn. Da die Geschichte ausschließlich aus Catherines Blickwinkel geschildert wird, fragt man sich, wie gut sie ihn überhaupt kennt - was die angeblich so tiefe Freundschaft zwischen den beiden nicht unbedingt glaubwürdiger macht.

Ebenfalls gestört hat mich der im Großteil des Romans meines Erachtens sehr langatmige und deutlich zu detailverliebte Schreibstil. Endlose Schilderungen von Fotografien oder sonstigen Kunstwerken und Partys bringen die Geschichte nur an sehr wenigen Stellen voran und langweilen vorwiegend, was auch für viele der eher halbherzig eingeführten Nebenfiguren gilt. Ganz plötzlich wechselt der Stil dann radikal und die weiteren Geschehnisse werden nur noch bruchstückhaft geschildert, manchmal nur in kurzen Gedanken oder Zitaten, deren Sinn sich zumindest mir nur teilweise erschloss. Auch, dass hier plötzlich Ausdrücke wie "f**cken" verwendet werden, störte mich - ich habe generell überhaupt kein Problem mit dem Einsatz etwas derberer Sprache, wenn sie sich stilistisch gut in die Erzählung eingliedert, aber hier passt es einfach überhaupt nicht zum sonstigen (angestrengt) poetischen Schreibstil.

Der Roman endet mit einem Zeitsprung ins Jahr 2012 - normalerweise liebe ich es, am Schluss zu erfahren, wie es den Protagonisten "heute" geht, aber bei Catherine und James war es mir leider einfach egal.

Ich fand es sehr anstrengend, den Roman zu lesen, und hatte dem Klappentext sowie der Leseprobe nach auch etwas vollkommen anderes erwartet, daher kann ich leider keine bessere Bewertung abgeben als einen Stern.