Langatmig und enttäuschend

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lunamonique Avatar

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Autorin Belinda McKeon veröffentlichte Essays, Reportagen und Theaterstücke. In „Zärtlich“ stehen die Emotionen der beiden Hauptfiguren im Focus.

Die 18jährige Studentin Catherine und den 20jährigen angehenden Fotograf James verbindet eine innige Freundschaft. Will James mehr? Als Catherine erfährt, dass James schwul ist, versucht sie ihren Schock zu überspielen. Warum fühlen sich beide so stark zu einander hingezogen?

Der Anfang der Geschichte spielt im Jahr 1997. Sprache und Zeit wollen nicht so richtig zueinander passen. Autorin Belinda McKeon scheint in Ausdruck und Erzählstil noch viele Jahrzehnte zurückzugehen. Catherine kommt sehr zurückhaltend rüber und kann z.B. mit der freien Art ihrer jüngeren Schwester nichts anfangen. Erst James bringt sie zum Auftauen, aber auch dann dauert es noch, bis sie sich traut, erste Liebeserfahrungen zu sammeln. Wie die Sprache fällt auch Catherine aus der Zeit. „Zärtlich“ wirkt über lange Strecken wie ein Endlostext, der dem Leser keine Atempause lässt. Die Kapiteleinteilung setzt erst spät ein. Auch dann bleibt noch das Gefühl, sich durch einen Kaugummitext zu bewegen. Der Gedanke kommt auf, das Lesen abzubrechen und das Buch endgültig aus der Hand zu legen. Unterhaltsam sind eher die männlichen Akteure der Geschichte wie James, Conor und Emmet. Sowohl Catherine als auch James sind eifersüchtig, wenn zu viel Nähe zu einem anderen entsteht. Was ist das zwischen ihnen, Freundschaft oder Liebe? Diese Frage zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte. Anfangs wirkt alles geradlinig, bis sich James outet. Kann sich ein schwuler Mann in eine Frau verlieben? Der Widerspruch verwirrt. Beide benehmen sich als hegen sie für den anderen immer ernstere Gefühle. Das langsame Tempo, nebensächliche Ereignisse lassen keine Spannung aufkommen. „Zärtlich“ kommt nicht so richtig in Gang und pendelt sich irgendwann im Alltäglichen ein. Mehr Intensität hat das letzte Buchdrittel. Aufbau und Erzählstil verändern sich. Das Abgehackte, die Konzentration auf einzelne Sätze passt gut zur Wende in der Geschichte. Nicht alles ließ sich vorher erahnen. Gut gelungen ist der Schluss, wobei das Ende schon etwas abrupt eintritt.

Der Titel sagt alles und nichts aus. Fest steht, dass es emotionsgeladen zu gehen wird. Sehr gelungen ist der Schnitt im Papier mit dem Autorennamen. „Zärtlich“ bleibt hinter den Erwartungen zurück. Zu langatmig, zu ausufernd, zu wenig Ereignisse. Bei der Stange hält die Frage, wie es enden wird. Läuft alles auf eine Eskalation hinaus? Bei 447 Seiten Gesamtlänge ist Geduld gefragt.