zärtliche Liebe oder zärtliche Freundschaft?

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frenx51 Avatar

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Vor fast 20 Jahren lernen sich Catherine und James durch Zufall kennen und entwickeln schnell eine sehr tiefe und innige Freundschaft. In Dublin entsteht ihr Lebensmittelpunkt, sie ist Literaturwissenschafts-Studentin und er Fotograf. Sie verbringen sehr viel Zeit miteinander und vertrauen sich sehr, auch sein Geheimnis teilt James mit ihr: Er ist homosexuell. Dies ist für ihn nicht einfach, auch in einer großen Stadt wie Dublin nicht. Was anfangs als Freundschaft beginnt, wird für Catherine irgendwann Liebe, aber keine freundschaftliche Liebe, so wie sie James empfindet, sondern echte Liebe. Und damit beginnen die Probleme und ihre Beziehung wird schwierig.

Das Buch "Zärtlich" beschäftigt sich mit einem wichtigen Thema, nämlich der Homosexualität und die alltäglichen Schwierigkeiten. Für James ist es im Jahr 1997 noch nicht so leicht, zu seiner Homosexualität zu stehen und er wird immer wieder auch mit Schwierigkeiten konfrontiert. Doch was eigentlich ein interessantes Thema ist, wird immer weiter in den Hintergrund gedrängt, denn eigentlich geht es vorrangig und Catherine und James, die eine sehr eigenartige Beziehung haben.
Doch mein Problem war, dass mir Catherine und James als Protagonisten überhaupt nicht gefallen haben und ich mich wenig mit ihnen anfreunden konnte. Catherine ist vor der Begegnung mit James eher die graue Maus, deren Eltern sehr konservativ sind. Es war ein großer Schritt für sie nach Dublin zu gehen und als sie James kennenlernt blüht sie förmlich auf. Sie merkt was sie bisher verpasst hat, macht sich mehr Gedanken über sich und die Welt. Die Freundschaft entwickelt sich gut, doch Catherine klebt irgendwann wie eine Klette an James, ist eifersüchtig auf alle und jeden, ist naiv und versteht ihren "Besten Freund" eigentlich gar nicht wirklich. Als sie sich dann noch in ihn verliebt, wird ihr Verhalten nur umso schlimmer und unverständlicher, sie provoziert, will jede freie Minute mit ihm verbringen und in ihrer Eifersucht macht sie James umso mehr Schwierigkeiten. Doch auch James ist mir nicht besonders sympathisch, anfangs ist er zwar die Klette, man könnte Mitleid mit ihm haben, wegen seiner besonderen Situation und den scheinbar nicht so guten Erfahrungen, die er gemacht hat. Beide sind sich nah und doch will James vielleicht nicht wahr haben, dass Catherine ihn liebt und er spielt mit ihr und ihren Gefühlen und lässt sich auf etwas ein, dass er gar nicht will. Sein Selbstbewusstsein ist ziemlich mies. Anfangs kam er mir als echt guter und intelligenter junger Mann vor, doch mit der Zeit merkte man auch wie naiv er ist, wie unbewusst er die Situation ausnutzt und sich in Schwierigkeiten bringt. Die beiden Charaktere haben mein Lesevergnügen sehr getrübt. Irgendwie sind beide eigenartige Persönlichkeiten, die sich voneinander abhängig machen, zu weit gehen und sich dadurch gegenseitig Probleme bereiten.
Ansonsten fand ich den Schreibstil ok. Ich muss sagen, dass der Anfang der Geschichte für mich sehr anstrengend zu lesen war. Der Schreibstil der Autorin ist ganz angenehm, aber sie schreibt oft sehr poetisch, sehr detailliert und für mich war es dadurch eher langatmig. Ich fand eher die späteren Passagen gut, in denen zum Teil nur kurze Absätze aus einem Gedicht oder den Gedanken dargestellt wurden. Irgendwie hatte ich da dann auch ein etwas anderes Bild von Catherine. Ich fand es gut, dass das Buch aus Catherines Sicht geschrieben wurde, aber das Problem ist, dass sie mir nicht sympathisch ist und sie James meist nicht versteht. Das macht die ganze Sache umso komplizierter und langatmiger. Doch irgendwie war das ganze Buch zu viel, zu langatmig, zu kurios und zwischendurch hatte man das Gefühl, dass die Autorin noch nicht ganz weiß, wie sie eigentlich Schreiben will, da der Schreibstil doch sehr unterschiedlich war.

Alles in allem war das Buch ok, leider hat es mich nicht überzeugt. Catherine und James waren mir einfach beide sehr unsympathisch, das Buch zu langatmig und irgendwie hat mich die ganze Geschichte nicht so überzeugt, wahrscheinlich habe ich einfach auch etwas anderes erwartet. Liebe kann man nicht verhindern, auch nicht dass sich Catherine in den homosexuellen James verliebt, doch was sich daraus entwickelt war mir zu viel, zu naiv, zu kurios.