hin und hergerissen - artgerechte Gesprächsführung

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sutane Avatar

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Vorab: es lese nicht so gerne Ratgeber, da ich diese doch recht langatmig und ermüdend finde.
Bei diesem Buch "Zehn wirklich wichtige Gespräche, die Kinder und Eltern wachsen lassen" haben mich aber die Themen angesprochen (zur Ruhe kommen, Empathie lernen, Grenzen setzen, Mut lernen, Freunde finden, Liebe, Geld, Toleranz und Tod) und neugierig gemacht.
Nach einem kurzen Blick ins Buch, in das Kapitel: "Wie Kinder sprechen lernen" war ich vom Stil angetan. Die Autorin beschreibt klar, wie Kinder sprechen lernen können, durch zuhören und vorlesen und unterstreicht ihr Wissen / Ihre Meinung durch Zahlen und Fakten. Aufgrund dieser Erfahrung wollte ich dieses Buch gerne weiterlesen.


Am Anfang stellt die Autorin: Nicola Schmidt sehr ausführlich da, das man mit Kindern unterschiedliche reden muss, je nachdem in welchem Alter sich diese befinden, auch der Ort und der Zeitpunkt spielen bei artgerechter Kommunikation eine wichtige Rolle. Der Einstieg, ca. 32 Seiten hat mir ein wenig die Neugierde auf weitere Themen geraubt. Die Autorin schreibt sehr idealistisch, harmonisch und langatmig, sodass sie mich eigentlich schon beim Einstieg als Leser verloren hat.

Dennoch wollte ich die Themen „zur Ruhe kommen“ und „Liebe“ lesen.
Bei ersteren werde ich mit der Autorin und ihren Vorschlägen und Beschreibungen gar nicht warm. Hier hatte ich ständig das Gefühl, das die Autoin mir, als Elternteil zeigt was ich alles „Falsch“ mache und warum sich mein Kind dann nicht beruhigen kann. Auch ihre Lösungsansätze fand ich verklärt. Ihre Erwartung wie Kinder mit diesen umgehen (einsichtig, nachdenkend und harmonisch), ist anders als es meine Kinder tun (würden).

Zwei Beispiel aus dem Buch:
Zwei Geschwister spielen miteinander. Das jüngere Geschwisterchen ärgert beim Spiel das Ältere, die Lösung der Autorin, die Mutter, die gerade in der Küche kocht, soll das jüngere Geschwisterchen mit sich nehmen, damit das ältere in Ruhe weiterspielen kann. (alles perfekt, alles harmonisch)
Meine Erfahrung, denn dieses Ideen hatte ich bereits auch schon, das ältere Geschwisterchen fühlt sich dann schlecht, da das Kleinere die Aufmerksamkeit der Eltern bekommt und möchte dann auch dabei sein und schon geht der Streit weiter (nun in der Küche), weil das jüngere Geschwisterchen jetzt ja den Anspruch auf die Eltern erhebt, schließlich sollte/wollte das Ältere ja spielen.

Das 2. Beispiel
Das Kind findet, auf dem Spielplatz, einen „herrenlosen“ Ball und möchte diesen gerne mitnehmen. Das artgerechte Gespräch der Autorin verläuft (gekürzt) so:
"Du möchtest den Ball haben. Ich höre dich. Er gefällt dir sehr gut und du würdest ihn am liebsten mitnehmen." "Ja..." "Ja, ich höre dich, für dich ist der Ball ohne Besitzer..." "Ich will nicht streiten. Aber ich höre dich. Du willst den Ball" usw. Ihre Lösung nach diesem langem Gespräch, sie packt ihre Tasche und möchte das Kind ablenken, in dem es beim packen helfen soll.
Für mich war dieses Gespräch doch sehr unrealistisch und die Lösung, keine Lösung.

Anders sah es hingegen bei dem Kapitel „Liebe“ aus.
Dieses Kapitel ist wieder sachlich und nicht belehrend geschrieben. Die Autorin stellt kurze Sätze vor mit denen Eltern-Kind Gespräche eröffnet werden können und fasst zusammen was Kinder z.B. im Grundschulalter über Sex und ihren Körper schon wissen sollten, damit sie keine anderen, zum Teil falschen Quellen zu Rate ziehen.

Bei diesem Kapitel hat mich die Autorin wunderbar abgeholt und ich fühlte mich gestärkt.

Somit bin ich von diesem Buch hin und her gerissen.
Nicht alles was die Autorin vorstellt, würde ich so annehmen und umsetzen, denn es ist mit unter sehr verträumt. Einiges empfinde ich aber auch als sehr sachlich und gut aufgearbeitet, sogar inspirierend.

Als situationsbedingte Unterstützung werde ich den Ratgeber sicher immer wieder zur Hand nehmen, den belehrenden Teil dann aber ausblenden.