Starke Frauen in einer grauenvollen Zeit

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liselottchen1 Avatar

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Die Story beginnt kurz nach dem Zweiten Weltkrieg: An der polnischen Grenze lebt Rosa mit ihren drei kleinen Söhnen. Nun werden sie vertrieben, bei bitterster Kälte bewegen sie sich Richtung Allenstein (das heutige Olsztyn in Polen), wollen in einen Zug nach Westen. Im letzten Moment registriert Rosa, dass der Zug nach Sibirien fährt und keine Sicherheit verspricht. Auf der Toilette liegt ein Baby, das zum Glück von einer Frau mitgenommen wird, die nach Rügen möchte. Rosa kann fliehen und kehrt mit ihren Kindern nach beschwerlichem tagelangen Fußmarsch ins Dorf zurück. Lange eisige Wochen vergehen, in denen sie alles gibt, ihre Jungs durchzubringen.
Jahre später: Die Story switcht zum Schicksal jenes Babys. Clara ist in der DDR aufgewachsen und nicht geneigt, sich dem Staatsregime unterzuordnen. Trotzdem schafft sie die Ausbildung zur Krankenschwester. Da hört sie vom Überleben ihrer leiblichen Mutter, die in russischer Gefangenschaft zwanzig Jahre lang durchgehalten hat, in der Hoffnung ihr Kind irgendwann einmal wiederzusehen.

Um es vorwegzunehmen: Die Geschichte hat mit begeistert und komplett in ihren Bann gezogen. Die verschiedenen Schicksale haben mich in Atem gehalten, ich habe mit den Protagonistinnen mitgelitten und mich an mancher Stelle gefragt, wie man solche Torturen und Tragödien aushalten kann.
Es sind starke Frauen, die in dieser Story faszinieren und beeindrucken. Sie stehen für mich als Symbole für die zahlreichen Menschen damals, die unheimlich viel durchgestanden haben und dennoch dem Leben kleine Freuden abgewinnen konnten.
Die Autorin hat einen bildgewaltig überzeugenden Schreibstil, der sich angenehm lesen lässt. Rosa, die für ihre Söhne lebt – ich konnte fast die eisige Kälte spüren, die sie durchmachen musste, sowohl äußerlich, als auch innerlich. Sowie die Umstände in der Nachkriegszeit, der Hunger und die Geschicklichkeit, quasi aus dem Nichts Dinge zu zaubern, zu basteln, zu kochen. Da blieb keine Zeit, mit dem Schicksal zu hadern, alles hinzuwerfen oder aufzuarbeiten. Ebenso Clara, die Ähnliches in einem DDR-Gefängnis erlebt. Unmenschlich grausame Behandlung ohne Mitgefühl, obwohl sie schwanger ist. Dass sie überlebt ist ein Wunder. Barbara, die zwanzig Jahre kasachtanische Gefangenschaft erleiden musste und beim Heimkommen feststellen muss, dass ihr Mann eine neue Familie hat.
Die Geschichten sind ineinander verwoben, im Nachwort erwähnt die Autorin, dass es wahre Begebenheiten sind, die sie teilweise verfremdet oder auch mit fiktiven Dingen ergänzt hat. Dadurch ist eine beeindruckende Mischung entstanden, die mich berührt und bewegt hat, und die noch lange in meinen Gedanken sein wird. Viele Szenen konnte ich nur mühsam verkraften, wenn Clara im DDR Gefängnis in ein nasses Kellerloch geworfen wird, wo sie tagelang nur stehen kann, komplett durchnässt. Oder Rosa täglich nach ihrer schweren körperlichen Arbeit siebzehn Kilometer durch die Kälte hin und zurückgehen muss, damit sie ihrem schwerkranken Sohn ein Ei bringen kann, ohne das er nicht überlebt hätte.
Mein Fazit: Für diese Geschichte kann ich nur eine absolute Leseempfehlung für all diejenigen geben, die gerne von starken Frauen und einer Liebe lesen, die alles aushalten lässt.