Crazy

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mike nelson Avatar

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Crazy. Absolut crazy. Ich habe schon lange keinen ähnlich erschreckend-faszinierenden Roman gelesen, wie Jenifer Beckers "Zeiten der Langeweile". Eine wahre 'Heldinnenreise', wie es die Autorin ihre Protagonistin Mila, Gen Y, über sich denken lässt. Mila startet einen zunächst einmal recht harmlos wirkenden Versuch, nämlich sich aus der digitalen Welt herauszulösen; über viele Seiten hinweg erfahren wir Lesenden Banalitäten mit Schwergewicht - wie Mila ihre Spuren im Netz verfolgt, wie sie sich von apps, accounts uvm trennt, wie sie versucht, sämtliche digitalen Spuren, die sie jemals hinterlassen hat, zu löschen. Wie sie damit aber auch gleichzeitig die gewohnten 'Lebensadern' kappt, den Kontakt zu Freund:innen verliert und einen neuen Bezug zur Welt entdecken muss; dabei aber in eine gewaltige psychische Krise mit fast schon paranoiden Zügen gerät. Wie Mila ihren Weg hinaus aus der totalen Digitalität nicht nur als 'Auslöschung' sondern auch als ein 'Herauskippen aus der Welt' erlebt. Mila sucht dabei nicht bewusst den Weg in die Einsamkeit und in die Kontemplation, um zu einem 'höheren Selbst' zu finden, ihr 'digital detox-Projekt' entfernt sie immer mehr von sich selbst; erschreckend festzustellen, dass u.U. kaum etwas übrig bleibt, quasi nur der Körper, wenn man sich von seinem digitalen Ich befreit... Aber die neue Freiheit ist vielleicht erstmal nur eine große Leere, die neu gefüllt werden muss. Wichtiges Buch! Unbedingt lesen!!!