Das Internet ist überall

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lizseasalt Avatar

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Mila beschließt, dass sie einen digital detox braucht. Nein, eigentlich sogar noch mehr: nicht nur sie soll vom Internet gereinigt werden, sondern das Internet auch von ihr. Sie löscht jedes Profil, kontaktiert Website-Betreiber, damit sie Informationen runternehmen und löscht alle Chat-Apps. Die Angst, gecancelled zu werden oder für irgendwelche merkwürdigen Dinge viral zu gehen, ist viel zu groß. Im Laufe des Buches wird sie immer mehr mit den Konsequenzen dieser Entscheidungen konfrontiert.
Jenifer Beckers Schreibstil fand ich angenehm und flüssig zu lesen. Die Figuren sind klar gezeichnet und die Beziehungen zwischen ihnen ebenso komplex wie authentisch. Die Auseinandersetzung mit den Spuren, die man selbst in der Welt und dem Internet hinterlässt, habe ich ebenfalls als interessant empfunden, die Gedanken, die Mila hegt, fühlten sich für mich wie natürliche Zuspitzungen von denen an, die wahrscheinlich die meisten Leute in unserer digitalen Gesellschaft irgendeinmal hatten oder haben werden. Ich habe mich zu Anfang der Geschichte sehr gefragt, wo sie eigentlich hinführen wird. Milas Selbst-Löschung fand ich nachvollziehbar erklärt, ihr Innenleben war mir als Leserin sehr schlüssig, zwischendurch habe ich mich aber schon gewundert, ob es je wieder "besser" wird und Mila eine für sich sinnvolle Konsequenz aus ihrem Handeln finden kann (was durchaus auch thematisiert wird!) - ich bin mir nicht sicher, ob das passiert ist. Was natürlich absolut erlaubt ist, bei mir hat das Ende aber eher ein Gefühl der Unzufriedenheit hinterlassen. Dennoch hatte ich beim Lesen viel Freude an dem Roman und werde über viele Aspekte wahrscheinlich noch eine Weile nachdenken!