Heldinnenreise ohne Ankommen

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throughmistymarches Avatar

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„Zeiten der Langeweile“ hörte sich so vielversprechend an, war dann aber tatsächlich etwas langweilig. Ich glaube, dass die grundsätzliche Halbwertszeit des Romans recht kurz ist, da die unzähligen Popkultur-Referenzen doch meist über sehr kurzweilige Trends sind. Der Emily Dickinson Vergleich des Klappentextes wirkt da fehl am Platz.
Die Autorin beschreibt zwar gut, wie Milas Verhalten immer zwanghafter wird, aber gleichzeitig fühlt sich der Roman an wie eine Endlosschleife; teilweise wirkte es, als wäre man gefangen in der Kommentarspalte sozialer Medien.
Grundsätzlich, und das ist für mich das größte Problem und größte Manko von "Zeiten der Langweile", bleibt jegliche Reflektion aus. Milas Probleme sind so viel tiefergehender als dass der Wunsch, sich komplett aus dem Netz zu "löschen" ihr dahingehend helfen könnte, doch diese Erkenntnis hatte nur ich als Leserin, nicht die Protagonistin. Schade, dass sich die Erzählung zu sehr im Kreis dreht, statt tatsächlich auf Milas Probleme einzugehen. Passenderweise ist das ja auch das Thema ihrer Dissertation, die Heldinnenreisen in der Populärkultur, über Frauen, die in Literatur und Film nach Krisen eine heilende Reise unternehmen. Mila erkennt sogar eine Art selbsterfüllende Prophezeiung, dass sie nun selbst zu einer der von ihr untersuchten Heldinnen wurde. Aber für mich bleibt sie leider nicht nur in der Krise stecken, sondern gerät irgendwie noch tiefer hinein. Die Reflektion, die „Heilung“, der Abschluss der Reise bleibt bei Mila aus. Stattdessen kommt der Roman einfach zu einem Ende, aber alles bleibt irgendwie in der Luft hängen.