Zwillinge - für eine Millisekunde ein einziger Mensch

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buecherfan.wit Avatar

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In ihrem neuen Roman “Zertrennlich” (“The Twins”) erzählt die Engländerin Saskia Sarginson die Geschichte von Isolte und Viola, die einander als Kinder sehr nahe standen. Sie lebten mit ihrer Hippiemutter in einem Haus in einem Wald in Suffolk. Als die Mädchen 12 Jahre alt waren, lernten sie bei einem Fahrradausflug die ebenfalls eineiigen rothaarigen Zwillinge John und Michael kennen und freundeten sich mit ihnen an. Dann muss etwas so Furchtbares geschehen sein, dass nichts mehr ist, wie es einmal war. Die Mädchen verlassen Suffolk und leben bei ihrer Tante Hettie in London. Viola verändert sich sehr stark - sie rasiert ihre Haare ab und trägt einen Nasenring - und wird sehr schwierig. 15 Jahre nach dem einschneidenden Ereignis ist Isolte eine erfolgreiche Modejournalistin mit einer Liebesbeziehung zum Fotografen Ben, während Viola wieder einmal in einer Klinik liegt und sich durch Hungern zum Verschwinden bringen will. Sie haben völlig unterschiedlich auf das traumatische Erlebnis in ihrer Kindheit reagiert, wobei Isolte schon immer die Stärkere und Dominierende war. Sie verdrängt die Erinnerungen, während Viola sich ununterbrochen damit quält.

Die Leseprobe liest sich trotz der übergangslos wechselnden Erzählperspektiven und der Zeitsprünge sehr gut, obwohl ich nicht den Eindruck habe, dass es sich tatsächlich um einen Thriller handelt. Es geht um ein Kindheitstrauma und um den Umgang mit Schuld. Es ist sicher ungewöhnlich, dass sich Zwillinge so unterschiedlich entwickeln und ihre einstmals sehr enge Bindung zerstört wurde. Schon von daher ist der Roman sehr interessant. Der Leser fragt sich, ob sich Isolte der Vergangenheit noch stellt und ob die Schwestern noch einmal zueinander finden. Was ich bisher gelesen habe, ist hochinteressant und gefällt mir sehr gut.