Vergangenheit

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Im Frühjahr 1985, viereinhalb Jahre vor der Wende, wird aus dem kleinen Mädchen Christel Sonnenberg unter mysteriösen Umständen Judith Kepler- Neuzugang im Kinderheim „Juri-Gagarin“ in Saßnitz. Das Heimleben, die Strafen und die Gewalt der Erzieherinnen gegenüber ihren Schutzbefohlenen zeichnen Judith für ihr späteres leben. Sie kommt auf die schiefe Bahn, nimmt Alkohol und Drogen in gesundheitsschädigender Weise zu sich. Eine Resozialisierung der skurrilen Art durchläuft sie, als sie für „ Dombrowski-Facility-Managment“ anfängt zu arbeiten. Dieses Unternehmen hat sich auf die Säuberung der Wohnung Verstorbener spezialisiert. Eine Arbeit die Judith Halt gibt und die es ihr ermöglicht den Tag durchzustehen. Besonders für „Kaltsteller“ scheint sie geeignet zu sein, bieten diese doch eine besondere Herausforderung. Es sind Wohnungen von Mordopfern und Judith erscheint wenn die Spusi fertig ist um Blut und Fingerabdruckpulver weg zu wischen.

Zwei Jahr arbeitet sie schon für dieses Unternehmen, als ihr Chef sie unweit ihrer eigenen Wohnung zu einem „Kaltsteller“ schickt. Dort hat ein äußerts brutaler Mord an einer jungen Frau stattgefunden. Durch Zufall fällt Judith ein an die Tote adressierter Brief in die Hände. Schon der Absender paralysiert sie, ist es doch das Kinderheim in Saßnitz, als sie aber beim Öffnen ihre eigene Akte in den Händen hält ist sie hellwach und versucht Licht ins Dunkel zu bringen, und sich endlich ihrer Vergangenheit zu stellen, nichts ahnend das sie es von nun an mit dem BND, der CIA und der MfS zu tun bekommt.

 

Ein hochbrisanter Thriller über die Schachzüge der Geheimdienste zu Zeiten des „Kalten Krieges“, über Republikflucht und Doppelspionage, und das erschreckende daran ist, das die Wahrscheinlichkeit sehr groß ist, das sich so eine Geschichte durchaus zugetragen haben könnte. Die Recherchen über die Fährhafenstadt Saßnitz (ich konnte sogar einigen Straßenzügen folgen und deren Existenz somit bestätigen)sind außerordentlich gut, allerdings war/ ist „mein“ Saßnitz heller, sonniger und voller unbeschwerter Kindheitserinnerungen. Den legendären Malmö-Express gab es wirklich. Ein Zug der von Malmö über Saßnitz, Berlin und Dresden bis nach Prag fuhr. Wobei man die erste und letzte Station als DDR-Bürger entweder gar nicht oder nur unter besonderen Umständen erreichte. Dafür schnupperte man ein wenig freie, weite Welt. Schon die Vorstellung dass dieser Zug in den „Westen“ fuhr beflügelte die Fantasie.

Lenins Waggon hingegen ist kurz nach seiner Ankunft in Saßnitz verschollen, viele Jahre stand eine (ungleich schlechte) Nachbildung desselben auf einem Abstellgleis im Saßnitzer Bahnhof.

Ein Thriller der atemlos in den Strudel dunkelster Geheimdienstaktivitäten zieht und mich sehr lange beschäftigt hat, wenngleich ich ihn innerhalb von wenigen Stunden verschlungen habe.