Gemeinsames Leiden verbindet

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Wenn sich zwei so gegensätzliche Frauen wie Konstanze und Jacqueline für mehrere Wochen in einer Rehaklinik das Zimmer teilen müssen, bleiben Reibereien nicht aus. Astrid Ruppert stellt die beiden Hauptfiguren von Beginn an überaus plastisch dar. Der perfekt organisierten Chirurgin Konstanze traut man wirklich keinen Fehler zu. Somit ist ihr Sturz von der Treppe schon eine Überraschung. Die relativiert sich aber, wenn man ihre Sorgen um die Organisation des Haushalts und Schulfeste teilt. Selbstverständlich kann ein nichtverfügbares Einzelzimmer in der Reha-Klinik nur ein Versehen sein. Bei aller Situationskomik, die daraus entsteht, schwingt auch immer etwas Traurigkeit mit, dass sich diese stets auf Perfektion achtende Frau immer hintenan stellt.

Ganz anders, und zwar emotionaler, ist die Figur Jacqueline angelegt. Sie lernt der Leser in dem Moment der Trennung von ihrem On-Off-Freund Mike kennen. Gefühlsgeladen wirft sie ihm seine Sachen in den Hausflur, um sich dann sofort um ihre drei Kinder zu kümmern. Das häusliche Chaos springt förmlich zwischen den Zeilen entgegen. Niemals würde man Gemeinsamkeiten zwischen ihr und der vorher beschriebenen Konstanze vermuten. Allein der Titel des Buches lässt anderes vermuten und weckt damit die Neugier auf den Rest. Dass die anderen Figuren dabei blass im Hintergrund stehen und manchmal nur einen bedeutenden Auftritt haben, stört nicht allzu sehr.

Überaus deutlich wird das Seelenleben der beiden Hauptfiguren gezeichnet. Die anfängliche Antipathie der beiden wird glaubhaft bis zur Freundschaft gewandelt. Aus der Zwangsgemeinschaft des Doppelzimmers wird bald ein Geborgenheit spendendes Rückzugsgebiet. Reibereien, die teilweise auf Missverständnissen beruhen, gehören dazu. Spannend ist aber das Öffnen für die jeweils andere beschrieben. Die Eigenheiten wirken manchmal zwar etwas überspitzt und das Verständnis für die Genervtheit der anderen Patienten wächst auch beim Leser, verdeutlichen aber in wenigen Zeilen, auf was es der Autorin ankommt. Das Fazit liegt am Ende auf der Hand: Gegensätze können sich manchmal doch ergänzen. Das Buch ist ein Beispiel dafür, dass lockerleicht geschriebene Frauenlektüre durchaus zum Nachdenken anregen kann.