Die ominöse Zahl 19

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hennie Avatar

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Von Beginn an war ich wie bei „Schlüssel 17“ auch hier vom fesselnden Geschehen gefangen genommen. „Zimmer 19“ beginnt im Prolog dramatisch mit einem riesigen Eklat bei der Eröffnungsveranstaltung zur Berlinale. Statt eines harmlosen Erstbeitrags wird dem größtenteils prominenten Megapublikum ein grausamer Mord vor laufender Kamera an einem jungen Mädchen gezeigt. Das ist der Anlaß, um die bewährte Soko Dom des LKA Berlin wieder zu aktivieren, mit den Hauptakteuren Tom Babylon und der Psychologin Sita Johanns.
Tom wird aus einer sehr persönlichen Situation mit seinem kleinen Sohn gerissen und zum Einsatzort gerufen. Zudem erhält man schon erste Einblicke in sein Seelenleben, in die Schuldgefühle, die ihn noch immer quälen wegen seiner vor 20 Jahren spurlos verschwundenen Schwester Viola, genannt Vi. Es gibt in dem neuen Fall viele Beziehungen, Zusammenhänge, die in die Vergangenheit reichen und die verschiedensten Personen miteinander verbinden. Die Zahl 19 spielt dabei eine entscheidende, tragische Rolle!

Der Thriller besteht aus Prolog sowie 74 kurzen Kapiteln, die gekennzeichnet sind mit Ort, Datum und Uhrzeit. Sie enden zumeist an der spannendsten Stelle, um darauf an einem anderen Ort weiterzugehen. Das ist ein äußerst geschickter Spannungsaufbau!
Auf 510 Textseiten entwickelt Marc Raabe eine so komplexe Erzählstruktur, die mich wie gebannt am Lesen hielt. Die Abschnitte sind sowohl für den Gegenwartsverlauf wie auch für die Rückblenden in den August 2001 auf einer gesonderten Seite gekennzeichnet. Es beginnt Mittwochnacht über Donnerstagnacht, Freitag zum Samstag, Sonntag. Wenige Tage nur, in denen viel Ungeheuerliches passiert. Handlungsort ist Berlin, aber in verschiedenen Bezirken der Großstadt, auch mal in den Außenbezirken (Stahnsdorf) und in einer Ausnahme Potsdam.
Die Schauplätze wechseln also in kurzen Kapiteln. Die Personen behielten aus „Schlüssel 17" ihre Besonderheiten und werden hier weiter entwickelt. Immer wieder wird in Sitas schlimme Vergangenheit zurückgeblendet. Das machte es für mich nochmal vertrackter. Wie paßt das Gestern zum Heute? Ich war ständig am Grübeln, glaubte Zusammenhänge erkennen zu können und lag dann doch wieder daneben. Die junge, willensstarke Frau gehört gemeinsam mit Tom zu meinen Lieblingsfiguren. Der leitende Ermittler Joseph Morten, genannt Jo, war mir in Band 1 suspekt – seinen Charakter, so wie er agierte, vor allem gegen Tom, mochte ich nicht. Hier hat sich das angespannte Verhältnis zwischen den Beiden etwas gewandelt, obwohl ich Jo immer noch nicht sympathisch finde. Vielleicht ändert sich das noch!?

Für mich war es immer nachvollziehbar, wie der Autor die unheil- und verhängnisvollen Ereignisse aus der Vergangenheit mit der Gegenwart in Verbindung brachte.
Das spektakuläre, unglaubliche Geheimnis um Zimmer 19 wurde am Ende gelüftet, aber neue gravierende Geheimnisse wurden aufgetan! Das läßt mich mit ungeheurer Neugier und Spannung auf Band 3 warten.

Fazit:
Ich mag den klaren, treffenden Schreibstil, die gut gesetzten Dialoge. Mit den unterschiedlichsten Charakteren kam ich sehr gut zurecht, da ich auch bereits den ersten Teil gelesen habe.
„Zimmer 19" ist ein Thriller der Extraklasse, der immer dicht am Geschehen bleibt und die Spannung stets aufrecht erhält bis zum Schluß. Er erfüllt alle Ansprüche, die ich an dieses Genre stelle. Ich finde es genial, wie Marc Raabe sämtliche Fäden der Handlung vereinigt und seine authentischen Figuren in einen logisch nachvollziehbaren Kontext bringt.

Ich erlebte sehr unterhaltsame Lesestunden. Von mir gibt es die Höchstbewertung und eine unbedingte Lese-/Kaufempfehlung.