Faszinierend kontrastreich

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regenprinz Avatar

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Dieser außergewöhnliche Debütroman hat mich begeistert. Franny und ihre besondere Geschichte haben mich von Anfang an gepackt und zu keiner Zeit wieder losgelassen. Ich habe mitunter vor Spannung mitgefiebert, an anderen Stellen der Handlung tief getrauert – abschnittweise sah ich mich beim Lesen einem einzigartigen Wechselbad an Emotionen ausgeliefert, das ich so absolut nicht erwartet hatte. Weil es nicht so oft passiert, dass mir eine Romanfigur derart nahekommt oder ein Buch auf so schmerzhafte Weise den Spiegel der Zeit vorhält, wie es in „Zugvögel“ geschieht.

Die Naturbeschreibungen sind wunderschön, oft geradezu poetisch, aber gleichzeitig ist das beschriebene Szenario der nahezu ausgestorbenen Wildtierwelt erschreckend hoffnungslos. Die zukunftsnahe Realität erschüttert und wühlt auf.

Franny selbst ist eine starke Hauptfigur, voller Extreme und seltsamer Verhaltensweisen, sowie einer Vergangenheit, die zunächst nur aus Rätseln zu bestehen scheint. Die vielen Puzzleteilchen setzen sich am Ende zu einem schlüssigen Bild zusammen, auf dem Weg dorthin gibt es jedoch einige unerwartete und hochdramatische Wendungen.

Frannys Geschichte ist überaus facetten- und kontrastreich. Sehr schön eingebettet fand ich die kleinen mystischen Details, z.B. die Krähen in Frannys Kindheit oder die Erwähnung von Selkies, passend zum irischen Küstenschauplatz. Die Schiffscrew, die Franny auf ihrer Reise begleitet, ist eine interessante Mischung an Charakteren und es gibt auch ein paar amüsante Passagen im Buch. Insgesamt überwiegen in meiner Erinnerung aber die „herzzerreißenden“ Momente.

Fazit: Sprachlich überzeugend, erzählerisch brillant! Ein außergewöhnlicher Roman, dessen Konstruktion mich beeindruckt hat. „Zugvögel“ ist eines der seltenen Bücher, das mich reizt, es ein zweites Mal zu lesen – um dann mit dem Wissen um die Hintergründe alle raffinierten Kniffe und sprachlichen Feinheiten auszukosten.