Wenn Rastlosigkeit das Leben bestimmt

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la tina Avatar

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Franny zieht es in die Ferne. Das war schon immer so. Besonders das Meer hat es ihr angetan. Und die Küstenseeschwalbe, eines der wenigen letzten freilebenden Geschöpfe ihrer Zeit. Denn Franny lebt in einer unbestimmten Zukunft, in der ein Großteil der wilden Tiere ausgerottet ist oder vereinzelte Exemplare in Gefangenschaft gehalten werden. Nutz- und Haustiere ausgenommen.

"Aber der Rythmus der Gezeiten ist nun mal das Einzige, was wir Menschen noch nicht zerstört haben." (Zitat Kapitel 2)

Das Buch beginnt damit, dass die willensstarke Franny im eisigen Norden einige Vögel mit Sendern ausstattet, bevor diese ihre Reise bis in die Antarktis beginnen. Anschließend versucht die Frau eines Biologieprofessors, auf einem der wenigen letzten Fischerboote anzuheuern und die Crew davon zu überzeugen, dem Signal der Vögel zu folgen.

"Im Leben an Land hat ihnen etwas gefehlt, und sie sind losgezogen, um eine Antwort zu finden. Und worin die auch immer bestand, ich bin überzeugt, sie haben sie alle gefunden. Sie sind Zugvögel, die es vom Land wegzieht, und sie lieben es hier draußen auf dem Meer, das ihnen ein anderes Leben bietet, sie lieben dieses Schiff und - sosehr sie sich kabbeln und streiten - lieben sie doch auch einander." (Zitat Kapitel 8)

Zugvögel - im Nachhinein bin ich mir nicht sicher, ob wirklich nur die Vögel, oder nicht doch auch Franny sowie einige weitere Charaktere des Romans damit gemeint sind. Hat man sich für dieses Buch entschieden, begleitet man Franny auf ihrer Reise, den Küstenseeschwalben hinterher, und erfährt zwischendurch immer wieder Details aus ihrem Leben, welche Stück für Stück zusammengesetzt den Grund ihrer Reise ergeben. Denn natürlich folgt Franny nicht völlig grundlos den Vögeln auf solch abenteuerliche und manchmal auch gefährliche Reise.
Die Crew des Schiffes ist, ebenso wie Franny selbst, alles andere als Durchschnitt. Stellenweise waren mir einige Charakterzüge sogar schon etwas zu ausgefallen. Dagegen ist es ein wenig schade, dass über die mögliche Zukunft der Flora und Fauna, auf die im Roman angespielt wird, nur wenig berichtet wird. Ein paar Überlegungen, was das für alle in Zukunft bedeuten könnte, wären gut gewesen. Grad weil es ein komplexes Thema ist, hab ich ein paar Denkanstöße vermisst.
Das Buch ist geprägt von Rastlosigkeit und exzentrischen Charakteren, arrangiert vor einer Welt, deren Artenreichtum beständig schwindet. Dabei konnte ich nicht nur Frannys Entscheidungen und Handlungen manchmal einfach nicht nachvollziehen. Zudem besitzt der Roman eine bedrückende, mäßige Spannung. Vielleicht hätte mir das Buch besser gefallen, wenn die Charaktere etwas glaubhafter gewesen wären. Zudem hatte ich manchmal das Gefühl, es würden verschiedene Themen angerissen, aber nie richtig ausgereizt.
Ja, das Buch liest sich auf seine Art unterhaltsam, dennoch hätte ich mir weniger exzentrische, dafür glaubwürdigere Charaktere und mehr gesellschaftskritische Zukunftsgedanken gewünscht. So fehlte mir das letzte Quentchen, um mit dem Buch vollauf zufrieden zu sein.