"Wo ist dein Ort?"

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Zugvögel ist eine Mischung aus Klima- und Abenteuerroman, angereichert mit einer Portion traumatischem Familiendrama. Die Hauptfigur Franny zog mich sofort in ihren Bann: eine rastlose Frau zwischen Flucht, Wanderlust und Bindung, Hoffnung und Hoffnungslosigkeit, Schuld, Selbstzerstörung und Erlösung, die nicht nur Seeschwalben sucht, sondern auch sich selbst.

Die Erzählweise fand ich anstrengend, aber auch sehr emotional dicht und empathisch; manchmal hatte ich das Gefühl, dass Franny einfach zu viel fühlt, zu viel Mitgefühl hat und dadurch auch verloren und irrgeleitet wirkt - und das Gefühl der tiefen Melancholie ist z.T. ansteckend. Wie Franny war es mir schleierhaft, wie die Seeschwalben den Weg schaffen würden; ebenso ging es mir bei Frannys Reise, die teilweise genauso herzzerreißend und existenziell ist, wie das Schicksal der bedrohten Tiere. Als Leserin habe ich mich hin und hergerissen gefühlt zwischen knallhartem Realimus und eher mythischen Elementen, ähnlich den Schlafwandel-Episoden von Franny.

Das Ende war für mich persönlich etwas unstimmig; im Vergleich zum Stil des Buches bis zu dem Punkt, kam es mir zu "einfach" und fast schon gehetzt vor (deswegen auch "nur" 4 Sterne). Ansonsten war ich aber komplett in einem Lesesog und kann mich gedanklich auch noch nicht von dem Buch(-thema) trennen. Ein beeindruckendes Debüt.