Zukunft? Sie begann gestern!

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Seit alters her versuchte man sich mit Prophezeiungen, teils seriös, teils – na ja, Vogelflug und Nostradamus. Jan Martin Ogiermann fasst nun in einem Buch zusammen, was uns heute überliefert wurde wie das Leben in der Zukunft sich gestalten würde aus Sicht unserer Altvorderen. Manches traf ein, manches blieb eine Utopie. Interessant wie präzise und zielorientiert all diese unterschiedlichen Voraussagen aus der Vergangenheit nun in einem Band zusammengefasst werden. Allerdings (ein klitzekleines Manko) setzt das Buch gehörige Kenntnisse der Geschichte und Philosophie voraus. Denn unbestreitbar, Philosophen versuchen nicht nur unser Dasein zu deuten, sondern auch die zukünftige Entwicklung der Gesellschaft, der Menschheit. Dieses Buch ist keine leichte Lektüre, aber eine aufschlussreiche und beachtenswerte.
Die Anfänge des Begriffes „Zukunft“ liegen in der Antike, im alten Orient. Damals versuchte man es mit Vogelflug, Leberschau, Traumdeuterei. (Man denke nur an Pharaos Traum der von Joseph richtig gedeutet wurde). Dann kamen die Griechen und die Römer, die ihrerseits mittels Vorzeichen, Orakel, Opfertiere das Schicksal ihrer Städte oder des Reiches zu ermitteln versuchten. Das Christentum verbot rigoros jedwelche Art von Wahrsagerei, Prophezeiung und „in die Zukunft schauen“. Obwohl und unter uns Pastorentöchter geplaudert: machte nicht Jesus selber noch am Kreuz seinem Leidensgenossen am Kreuz nebenan noch ein Heilsversprechen für die Zukunft?
Doch das menschliche Denken kann man nicht länger als Tausend Jahre nur in eine Richtung zwingen, gell Herr Pfarrer? Es brach die Neuzeit heran. Ein Visionär brach nach Westen auf um im Osten anzukommen, die Wiederentdeckung der antiken griechischen Philosophen führten zur Renaissance, die Kirche spaltete sich erneut, Bücher und offene Briefe und Schriften verbreiteten sich, das freie Denken war nicht mehr zu bremsen. Es kam zu Revolutionen, manche friedlich, die meisten aber blutig und grausam, Könige und Zaren wurden geköpft oder erschossen, das menschliche Denken änderte sich erneut, die Zukunft wurde mal als positiv beschrieben, als Fortschritt und Aufklärung, Reife des menschlichen Geistes, friedvoll und tolerant, oder aber ganz im Gegenteil, sie war ein schwarzes Loch, die Menschen kannibalistische Arbeitssklaven oder von einer allmächtigen Partei – Big Bother – geknechtet.
Erst ab der Mitte des 20 Jahrhunderts wurden Versuche gestartet, die Menschen nach ihren Zukunftsdeutungen zu fragen. Wie wird das Leben 10, 20, 50 Jahre ab dem Zeitpunkt der Befragung sein? Was wird möglich sein? Auf der Erde und im All. Einiges ist eingetroffen, auf andere warten wir noch, aber die Zukunft ist genauso ungewiss wie zuvor.
Dabei enthält sich Ogiermann jedweder Zukunftsdeutung ab heute. Ist auch zu schwierig, mit KI die in alle Lebensbereiche eindringt. Ist ja auch nicht Thema seines Buches. Ogiermann hält sich strikt an das Schreiben einer Biographie des Phänomens „Que sera sera“.
Amüsant fand ich das Titelbild: Platon mit einer VR-Brille. Amüsant aber auch passend zum Thema. Und Platon hätte sie gewisslich aufgesetzt.