Feministische RomCom

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
turbulenzen_und_so Avatar

Von

Eine feministische RomCom. So könnte man Anika Deckers neuen Roman gut und gerne bezeichnen. Ich gebe zu, ich musste Anika Decker erst einmal googeln, um dann festzustellen, dass sie die Drehbücher zu einigen der erfolgreichsten deutschen Filmkomödien geschrieben und bei einigen zudem noch Regie geführt hat. Ihr liegt also sowohl das Komische als auch das Romantische. In der Kombi eine Mischung, die ich in der Buchhandlung meist gleich wieder weglege. Hier war es aber der Titel und das schlichte Cover, dass mir aofort ins Auge gesprungen sind. Es verspricht eben weder den üblichen Schmalz, als auch den oft unter der Gürtellinie sitzenden Klamauk. Und tatsächlich, konnte ich sofort in die Geschichte eintauchen. Ich flog nur so durch die Seiten und das obwohl oder vielleicht auch gerade weil mich der Anfang ein wenig an einen typischen Bridget Jones Roman erinnert, zumindest was die Art des Humors betrifft. Witzig, ohne allzu flach zu sein.
Die wechselnde Erzählsicht der Protagonistin Nina und ihrer Schwester Lena (es kommen auch noch weiterer Charaktere zu Wort), gestalten die Geschichte abwechslungsreich und vielfältig.
Als Berlinerin freute ich mich natürlich über den Lokalkolorit und sehe nun das Wiener Caféhaus am Roseneck mit ganz neuen Augen, bin aber genauso enttäuscht, dass die erwähnten Smootbie-Bars, doch eher der Fantasie entsprungen sind.
Manch Szenen waren mir etwas zu überzeichnet. Die Yogaverbiegende, influencende neue Frau des Ex mit ihren reichen Botox-Freundinnen, die hinter der Fassade so unglücklich ist und sich nach 'normalen' Menschen sehnt. Sie passt natürlich herrlich in ein komödiantisches Setting, war aber leider zu vorhersehbar. Ebenso (Achtung weiterer Spoiler) Lenas Ehemann, der nach einer Kehrtwende ein Feminismus Seminar besucht, empfand ich als zuviel des Guten. Das mögen aber schon die größten Kritikpunkte meinerseits sein. Ich habe mich wirklich weitestgehend unterhalten gefühlt. Ob Meetoo und Compliance-Verfahren als Thema im ulkigen Setting das Richtige ist, lässt mich noch etwas zweigespalten zurück. Aber es gab einige Punkte, die ich gut fand. Verliebtsein in der "Mitte des Lebens", jüngerer Mann, beruflicher Durchschnitt ... Das die Protagonistin im gleichen Alter ist, wie ich, hat zusätzlich dafür gesorgt, dass da eine Sympathie und ein Verständnis da war und ich viele Gedankengänge gut nachvollziehen konnte. Manches Mal hätte ich aber gern dazwischen gebrüllt. Als die Kinder wenig Verständnis für eine jüngere Liebe hatten, um nur ein Beispiel zu nennen.
Einiges dazu gelernt habe ich alle Mal. Moncler Jacken sind lebensnotwendig in Zehlendorf (vor diesem Buch, war mir die Marke kein Begriff, aber ich lebe auch am anderen Ende der Stadt), Östrogene wurden früher aus Pferdeurin hergestellt und vibrierende Kästchen können Ehemänner ersetzen.

Ein unterhaltsames Buch mit ernsten Absichten, dass nicht schwer daherkommt und die perfekte Lektüre für zwischendurch ist.

Mein liebstes Zitat: "Ich würde lieber einfach so gut aussehen, ohne Zusatz."