Die eine Stadt, für jeden von uns

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
r.e.r. Avatar

Von

Lorna Graham stellt das Zitat eines Dichters ihrem Roman vorweg. Es gibt sie, diese eine Stadt. Für jeden von uns. So wie es auch die eine große Liebe gibt. Manchmal findet man sie, manchmal nicht. Eve hat sie gefunden. Die Stadt (was die Liebe betrifft muss man den restlichen Roman abwarten). Ihre Stadt ist New York, genauer gesagt Greenwich Village. Das angesagte Künstlerviertel, das immer noch (oder schon wieder) vom alten Glanz seiner Bewohner lebt. Und deren noch lebende Bewohner einigen Glanz benötigen (vor allem auf der Bank) um dieses geschichtsträchtige Viertel bewohnen zu dürfen.

Womit man mitten in der Geschichte ist. Denn Eves Konto ist fast leer. Die verbliebenen 400 Dollar decken die demnächst fällige Miete nur zu einem fünftel und der Kühlschrank ist leer. Ein Vorstellungsgespräch bei einem Fernsehsender steht an, die Auswahl der passenden Kleidung muss ausgewählt werden. Der Rat eines Mannes wie Donald (ehemaliger schriftstellender Boheme) wäre also durchaus interessant. Wäre Donald nicht ein Geist. Gestorben als verkanntes, literarisches Talent in eben dieser Wohnung im New York der 1950er Jahre. In denen man sich eine solche Wohnung mit Tellerwaschen statt mit Bestsellern leisten konnte.

Die imaginäre Dialog zwischen Eve und ihrem Geist hat prickelnden Charme. Eve, beschrieben wie eine moderne Holly Golightly, pendelt zwischen aufmerksamem Widerstand und ignorierender Höflichkeit. Manchmal setzt sie bewusst kleine verbale Gemeinheiten um einige Sekunden die köstliche Stille in ihrem Kopf zu genießen. Lorna Graham schreibt leicht und flüssig. Ihre Szenengestaltung lässt Bilder und Stimmungen entstehen.

Donald der Eve bittet wieder eine seiner Geschichten aufzuschreiben. Die des Gummihandschuhs der Manhattan verschlingen will. Gerade als Eve vor ihrem Schrank steht und ihre Garderobe für das wichtige Vorstellungsgespräch zusammen sucht. Nicht gerade der beste Zeitpunkt, um über einen Fäustling zu reden, der ein Fingerhandschuh sein will. Als Eve am Ende trotz des "Beatniks aus der Hölle" in einer "Raumkapsel für eine Person" landet. Ihrem Büro beim Fernsehsender für dessen Morningshow sie ab sofort Texte liefern soll, fragt man sich aber schon, ob Donald nicht recht hatte. Schreiben als Beruf für acht Stunden, das geht nicht. Ob und wie es bei Eve gehen wird, ist mit Sicherheit lesenswert!