Reizüberflutung

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annajo Avatar

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"Die Zwerge von Amboss" ist der Auftakt zu einer neuen Fantasyreihe. In dieser Welt herrschen die Zwerge und die Welt der Menschen ist von Krieg zerrissen. Sehr gefallen hat mir dabei, dass der Autor eine Karte der tatsächlichen Welt verwendet und nicht eine gänzlich neue Welt erfunden hat. Der Zwergenbund ist ein Arbeiterstaat mit vielen Motiven der Gleichverteilung und doch zeigen sich Tendenzen individueller Bestrebungen. Diese politischen Hintergründe des Buches fand ich sehr interessant. Allerdings gefiel mir die Leseprobe (das 1. Kapitel) besser, als das Buch letztendlich selbst. Das erste Kapitel macht neugierig auf eine alternative Welt. Allerdings zeigen sich bald große Ähnlichkeiten zur tatsächlichen Welt der Menschen und der Unterschied besteht nur darin, dass in dieser fitkiven Welt alle Menschen ein wenig minderbemittelt oder auch zivilisationstechnisch zurückgeblieben scheinen und alle Erfindungen von Zwergen gemacht wurden.
Der Zwergenbund befindet sich in der Phase der Industrialisierung und muss sich mit altbekannten Problemen herumplagen: Arbeitslosigkeit durch zunehmende Technisierung, Überbevölkerung, Verarmung ganzer Bevölkerungsgruppen, Expansions- und Eroberungsgedanken, Feindseligkeit gegenüber Fremden. All dies ist seltsam vertraut, genauso wie die von den Zwergen gemachten Erfindungen: Züge als schnellere Fortbewegungsmittel, beheizte Wohnräume, Gewehre mit Trommeln, sodass nicht nach jedem einzelnen Schuss nachgeladen werden muss. Ich fand es sehr irritierend, dass in diesem Buch einfach menschliche Erfindungen den Zwergen zugeschrieben wurden, ohne sich Neues auszudenken. Aber gleichzeitig wurden die fremdartigen und oft komplexen Gebräuche und Ansichten der Zwerge so detailliert beschrieben, dass ich als Leser zeitweise das Gefühl der Reizüberflutung hatte.
Zudem fand ich unrealistisch, dass unter anderen Bedingungen die Entwicklung der Zwerge sowie ihre Erfindungen genau den gleichen Verlauf nehmen wie in der dem Leser bekannten Welt. Das mag eine tiefgründigere Botschaft sein: dass sich gewisse Ereignisse und Ansichten auch durch unterschiedliche Systeme nicht unterdrücken lassen. Ich fand das jedoch sehr unglaubwürdig, dass sich Entwicklungen unter derart unterschiedlichen Gegebenheiten so gleichen sollten.
Ich hatte schon zu Anfang Schwierigkeiten, in das Buch hineinzufinden und konnte auch zu den Charakteren kaum eine Beziehung aufbauen, weil ich das Buch zu überladen fand und es mir sehr viel Konzentration abforderte. Bei diesem Buch jedenfalls hat mich die Leseprobe etwas fehlgeleitet und ich mußte mir eingestehen, dass diese Art von Fantasy nicht nach meinem Geschmack ist. Daher werde ich die Folgebände nicht lesen.