Freundschaft und Aktivismus

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UK 2016: Melissa und Catarina leben in einer in der Thatcher-Ära verramschten Sozial-Wohnung in London mit zwei weiteren Frauen in einer WG. Die Beiden könnten kaum unterschiedlicher sein: Die pragmatische, im armen Corner aufgewachsene Melissa arbeitet als Software-Entwicklerin in einer neoliberalen Firma und weiß nur sehr wenig über das Leben, das ihre frühverstorbene Mutter eins in Brasilien führte. Catarina wiederum ist aus einer bekannten politischen brasilianischen Familie und ist für ihre Doktorarbeit in Geschichte nach London gekommen. Beide Frauen sind politisch interessiert und im für Uk und Brasilien sehr turbulenten Jahr 2016 aktivistisch unterwegs.
Der Schreibstil ist etwas ungewöhnlich. Wörtliche Rede wird nicht als solche gekennzeichnet, es gibt wenig Beschreibungen und eigentlich bekommen die Lesenden keinen Einblick in die Gedankenwelt der Charaktere, dafür aber Gedichte, Lieder und Kochrezepte. Die Abschnitte sind oft kurz und zwischen den Gegenwartsabschnitte sind lange Rückblenden für beide Frauen und deren engeres Umfeld eingebaut.
Durch das Fehlen der inneren Gedanken, hatte ich das Gefühl beide nicht wirklich zu kennen. Letztlich wurden beide nur durch den Blick der jeweils anderen betrachtet. Zwar wurden ausführliche Geschichten aus ihren Leben dargelegt, aber trotzdem blieb mein Verhältnis zu beiden distanziert. Trotzdem habe ich das Buch gerne gelesen. Das typische Abgrasen von Millennial-Themen hat mich etwas an Sally Rooney erinnert, wobei dieses Buch wesentlich politischer ist als Roonyes Werke und die Freundschaft zwischen den beiden Frauen im Mittelpunkt steht und keine belanglose romantische Beziehung.