Seine Herkunft wird man nie wirklich los...

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ismaela Avatar

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Melissa ist in England geboren und hat schon immer in London gelebt, Catarina kommt aus Brasilien und kommt für die Dauer ihres Auslandsaufenthaltes in Catarinas WG unter. Sie merkt gleich, das die verschlossene Melissa und sie einiges gemeinsam haben, vor allem ihre Herkunft, denn Melissas Mutter und Großmutter stammten ebenfalls aus Brasilien. Doch Melissa, die das Land kaum persönlich kennt, ist eher geprägt von ihrem Aufwachsen in einem Londoner "Armenviertel", in denen die Sozialwohnungen eng an eng stehen, während Catarina in Brasilien relativ unbeschwert, umgeben vom weiblichen Teil der Familie aufwuchs.

Beide Mädchen leben im Spannungsfeld zweier Länder, die sich im Umbruch befinden: in Großbritannien stimmt eine knappe Mehrheit für den Brexit, in Brasilien gehen Menschenmassen auf die Straße, um gegen die Politik zu demonstrieren, wobei sich auf beiden Seiten die jeweiligen Pro- und Kontralager mehr oder weniger unversöhnlich gegenüber stehen. In Großbritannien diejenigen, die gegen eine Abschottung ihrer Insel sind und weiter Teil eines offenen und vernetzten Staatenbundes sein möchten - und diejenigen, die den alten imperialen und kolonialen Zeiten hinterhertrauern. In Brasilien die einen, die die Absetzung von Rousseff als Putsch verurteilen, und die anderen, die im neu eingesetzten Präsidenten das wahre Staatsoberhaupt sehen. Vor allem in Brasilien arten die Demonstrationen teilweise in Gewalt und Terror aus.

Vor diesem Hintergrund spinnt die Autorin "Zwischen Himmel und Erde"; dabei wählt sie keine gängigen Stilmittel, sondern vermischt Vergangenheit und Gegenwart und verzichtet auf die wörtliche Rede. Am Anfang war das ein bisschen irritierend, aber mit der Zeit entwickelt sich so ein Sog, dem man sich nur schwer entziehen kann. Leider fällt der Spannungsbogen ab etwa der Mitte ab, und vor allem die Kapitel, die sich mit Brasilien beschäftigen, werden zunehmend verworrener. Zum Schluss wusste ich kaum noch, wer nun wer ist, wer Laura ist, wer die "Königsmörderin" ist usw. Auch fiel es mir teilweise schwer, die Zusammenhänge der Aufstände in Brasilien einzuordnen; ich musste erst im Internet suchen, um welche politischen Unruhen es dabei ging.

Insgesamt aber sticht dieses Buch trotzdem aus dem Romanangebot heraus, und das vor allem, weil es so ungewöhnlich aufgebaut ist. Von dieser Schriftstellerin würde ich gerne noch mehr lesen.