Ein mutiger Neuanfang – poetisch, klug und tief berührend

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tanjawa85 Avatar

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Minna Rytisalos Roman „Zwischen zwei Leben“ ist ein eindrucksvolles Porträt einer Frau, die sich spät, aber entschlossen aus einem Leben befreit, das nicht mehr zu ihr passt. Gleich zu Beginn zieht einen die Stimme der Hauptfigur Jenny Hill – früher Jenni Mäki – in ihren Bann: reflektierend, selbstironisch, scharfsinnig und von einer stillen Stärke durchzogen.

Rytisalos Sprache ist bildhaft und poetisch, dabei sehr klar und durchdringend. Sie verwebt Jennys inneren Monolog mit gesellschaftlichen Beobachtungen, Erinnerungen, feministischen Motiven und einem klugen Spiel mit Märchenbildern. Besonders berührt hat mich, wie exakt und zugleich literarisch die Autorin das Gefühl von Selbstverlust, Erschöpfung und dem Wunsch nach einem echten Neuanfang beschreibt. Die Figur Jenny ist dabei ebenso individuell wie universell – eine Frau, die viele Leserinnen auf die ein oder andere Weise in sich selbst erkennen dürften.

Bemerkenswert ist auch der leise Humor, der das Buch durchzieht – etwa wenn Jenny über ihre Kleidung, Körpererfahrungen oder Google-Suchanfragen („wie lebt man allein“) sinniert. Der Text balanciert souverän zwischen Ernst und Leichtigkeit, Schmerz und Hoffnung. Dass dabei auch ein Chor von Märchenfiguren aus dem Off mitkommentiert, verleiht dem Ganzen eine originelle, fast märchenhaft-zeitlose Ebene.