Jenni, Jenny

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"Sie hat endlich eine Grenze gezogen, und vielleicht ist es deshalb gar nicht so, das alle Wichtige schon geschehen ist". Jenny ist aus der Ehe und einem unglücklichen Leben gegangen, mit ganz schmalem Gepäck, und die Abwesenheit des Bisherigen füllt sich langsam, in kleinen, schwingenden Bewegungen mit Neuem.
Dieses Thema könnte nun ins Klischee führen, aber das passiert der Autorin nicht. Ganz behutsam bleibt sie, und wahrhaftig. Das Bild einer Frau in den "mittleren Jahren" füllt sich mit jedem Satz mit Leben - im gleichen Maß lernt Jenny sich selbst kennen. Wir erfahren ihre frühe, andauernde Scham, die sie vom prallen Leben fernhielt.
Dass Jenny auf Anregung ihrer Therapeutin Briefe schreibt und diese an Brigitte Macron adressiert, ist ein genialer Einfall: die hat sich schließlich zu einer "unmöglichen" Liebe bekannt und ihre Scham fallen lassen. Auch die kommentierenden Märchenfiguren sind ein anregender Kniff: sie appellieren an Jenny, die sich seit der Kindheit mit ihnen tröstet, und erzählen ihre jeweils eigene Geschichte, die im Märchenbuch zur Metapher entstellt wurde.
Alles in allem kein Schmöker, sondern ein Buch, dass einen Leser mit Offenheit und hoher Aufmerksamkeit erfordert und dann wunderbar nachwirkt.