Still, ehrlich und überraschend kraftvoll

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piet1990 Avatar

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„Zwischen zwei Leben“ von Minna Rytisalo hat mich mit seiner ruhigen, fast unspektakulären Art überrascht – im besten Sinne. Es ist kein Buch, das mit großen Wendungen oder lauten Momenten auffällt, sondern eines, das sich langsam entfaltet und gerade dadurch Wirkung zeigt.

Im Mittelpunkt steht Jenny, eine Frau in der Mitte ihres Lebens, deren Alltag zwischen Familie, Verpflichtungen und innerer Leere festgefahren ist. Ihr stiller Neuanfang, ihr Abwägen zwischen Gewohntem und Unbekanntem, hat mich sehr berührt. Es geht nicht um Eskalation, sondern um ehrliche, nachvollziehbare Veränderung – und genau das macht das Buch so authentisch.

Der Schreibstil ist reduziert, klar und trotzdem poetisch. Die Sprache ist nicht spektakulär, aber sehr präzise. Man merkt der Autorin an, dass sie genau weiß, wann sie etwas aussprechen und wann sie etwas unausgesprochen lassen muss. Das gibt dem Text Tiefe, ohne ihn schwer zu machen.

Auch Jennys Gedankenwelt hat mir gefallen. Sie ist keine „Heldin“ im klassischen Sinn, sondern einfach eine Frau, die sich selbst wiederfindet – leise, tastend, aber mit wachsender Entschlossenheit. Diese leise Stärke hat mich beeindruckt. Die Märchenfiguren, die immer wieder auftauchen, fand ich originell und gelungen – ein schönes literarisches Stilmittel, das den gesellschaftlichen Druck kommentiert, ohne platt zu wirken.

Was mir besonders gut gefallen hat: Das Buch bewertet nichts. Es beschreibt. Es begleitet. Es nimmt ernst. Und es traut seiner Hauptfigur zu, Entscheidungen zu treffen – ganz ohne Pathos.

Fazit:
Ein stilles Buch über große Veränderungen. Wer schnelle Handlung oder Dramatik sucht, wird hier nicht fündig. Aber wer sich auf eine leise, ehrliche Geschichte über Selbstfindung, weibliche Lebensrealitäten und den Mut zum Neuanfang einlassen will, sollte „Zwischen zwei Leben“ unbedingt lesen. Mich hat es noch lange beschäftigt.