Über weibliche Selbstermächtigung
Und am Ende wird sie intercontinental fliegen. Bequeme Kleidung und ein leichtes Make-up werden ihr helfen, den Flug zu überstehen. Toronto wird ihr Ziel sein.
Die Ajataras in ihrem Kopf treten als Gestalten der Gebrüder Grimm auf. Es handelt sich um Aschenputtel, Schneewittchen, Dornröschen, Gretel, Rapunzel und Rotkäppchen. Sie begleiten sie schon ihr ganzes Leben. Es sind die Stimmen, die das missverstandene Ideal-Ich repräsentieren und eigentlich gibt es sie gar nicht.
Sie hat gegoogelt „Wie lebt man allein“ (851.000 Suchergebnisse) und „Wie verlässt man seinen Mann“ (3.980.000 Ergebnisse) und jetzt steht sie hier mit zwei großen Reisetaschen. Sie schreibt auf einen Notizzettel „Ich bin weg“, Jenni. Doch dann überkommt sie die Lust des Ausprobierens und aus dem i wird ein schwungvolles y. Jenny. Und passend dazu hängt sie ihren Mädchennamen hinten an, Jenny Mäki und schon fühlt sie sich anders, ist den ersten Schritt ihrer Metamorphose gegangen. Unten wartet ihr Taxi.
Jenny Mäki ist in der neuen Wohnung angekommen. Eine leicht ungepflegte Regisseurin hat sie ihr untervermietet. Die sperrigen Dinge lässt sie dort und so blickt Jenny nun auf einige Bilder an den Wänden, das Sofa und den Couchtisch. Jetzt wird sie zuerst einmal alles gründlich reinigen, so dass einzig die Atmosphäre des über hundert Jahre gelebten Lebens in diesen Räumlichkeiten bleibt.
Sie ist gegangen, hat Jussi Jussi sein lassen. Sie hatten gute Momente und auch schlechte.
Oberflächlich betrachtet war alles gut. Sehr lange hat Jenni gedacht, das würde genügen und man könnte so leben. Ihr ist nicht aufgefallen, wie ermüdend die Gesellschaft von Trauer sein kann. S. 28
Fazit: Minna Rytisali hat ein feministisches Manifest geschaffen, verspricht der Klappentext und hält sein Versprechen. Ihre Protagonistin ist Anfang fünfzig und trennt sich ohne Ansage, dafür konsequent von ihrem Mann. Sie waren viele Jahre zusammen und haben zwei Kinder, die längst auf eigenen Beinen stehen. Jenny ist in der Mutterrolle aufgegangen. Sie hat die Annehmlichkeiten einer privilegierten Hausfrau und die Sicherheiten, die ihr Mann ihr bot, genossen. Doch als die Kinder aus dem Haus waren, fehlte es ihr an allem. Sie verschwand neben ihrem Mann und die stete Dissonanz in ihrem Inneren wurde lauter. Das Gefühl, nicht zu genügen, nicht gut genug zu sein, wurde zum Dauerton. Als harmoniebedürftige Frau meidet sie Konflikte und auch das Setzen nötiger Grenzen. Sobald sie alleine lebt, werden die Märchenwesen in ihrem Kopf lauter und versuchen sie zu erreichen, indem sie sie ansprechen. Und diese zauberhafte Technik der Autorin führt dazu, dass sie mich ebenso ansprechen. Und ich erfahre, wie ihre Geschichten in einer patriarchalen Gesellschaft tatsächlich waren. (Nicht wie im Märchen dargestellt) Im Laufe der Geschichte wird Jenny klar, welche Glaubenssätze sie internalisiert und sich ihnen unterworfen hat. Wie sie in den Genuss kommt, ihren Neid, die Missgunst, Wut und ihre Bewertungen gehen zu lassen und deutlich mehr Lebensqualität gewinnt. Die Sprache ist so erfrischend, die ganze Geschichte so mutmachend und augenöffnend. Das Ende so tröstlich, dass mir mein Herz ganz warm überläuft vor tiefem Verständnis für alle Frauen, die genauso unter ihrer Selbstsabotage leiden. Ein kluges, warmes, berührendes Buch über weibliche Selbstermächtigung, das ich so so gerne gelesen habe.
Die Ajataras in ihrem Kopf treten als Gestalten der Gebrüder Grimm auf. Es handelt sich um Aschenputtel, Schneewittchen, Dornröschen, Gretel, Rapunzel und Rotkäppchen. Sie begleiten sie schon ihr ganzes Leben. Es sind die Stimmen, die das missverstandene Ideal-Ich repräsentieren und eigentlich gibt es sie gar nicht.
Sie hat gegoogelt „Wie lebt man allein“ (851.000 Suchergebnisse) und „Wie verlässt man seinen Mann“ (3.980.000 Ergebnisse) und jetzt steht sie hier mit zwei großen Reisetaschen. Sie schreibt auf einen Notizzettel „Ich bin weg“, Jenni. Doch dann überkommt sie die Lust des Ausprobierens und aus dem i wird ein schwungvolles y. Jenny. Und passend dazu hängt sie ihren Mädchennamen hinten an, Jenny Mäki und schon fühlt sie sich anders, ist den ersten Schritt ihrer Metamorphose gegangen. Unten wartet ihr Taxi.
Jenny Mäki ist in der neuen Wohnung angekommen. Eine leicht ungepflegte Regisseurin hat sie ihr untervermietet. Die sperrigen Dinge lässt sie dort und so blickt Jenny nun auf einige Bilder an den Wänden, das Sofa und den Couchtisch. Jetzt wird sie zuerst einmal alles gründlich reinigen, so dass einzig die Atmosphäre des über hundert Jahre gelebten Lebens in diesen Räumlichkeiten bleibt.
Sie ist gegangen, hat Jussi Jussi sein lassen. Sie hatten gute Momente und auch schlechte.
Oberflächlich betrachtet war alles gut. Sehr lange hat Jenni gedacht, das würde genügen und man könnte so leben. Ihr ist nicht aufgefallen, wie ermüdend die Gesellschaft von Trauer sein kann. S. 28
Fazit: Minna Rytisali hat ein feministisches Manifest geschaffen, verspricht der Klappentext und hält sein Versprechen. Ihre Protagonistin ist Anfang fünfzig und trennt sich ohne Ansage, dafür konsequent von ihrem Mann. Sie waren viele Jahre zusammen und haben zwei Kinder, die längst auf eigenen Beinen stehen. Jenny ist in der Mutterrolle aufgegangen. Sie hat die Annehmlichkeiten einer privilegierten Hausfrau und die Sicherheiten, die ihr Mann ihr bot, genossen. Doch als die Kinder aus dem Haus waren, fehlte es ihr an allem. Sie verschwand neben ihrem Mann und die stete Dissonanz in ihrem Inneren wurde lauter. Das Gefühl, nicht zu genügen, nicht gut genug zu sein, wurde zum Dauerton. Als harmoniebedürftige Frau meidet sie Konflikte und auch das Setzen nötiger Grenzen. Sobald sie alleine lebt, werden die Märchenwesen in ihrem Kopf lauter und versuchen sie zu erreichen, indem sie sie ansprechen. Und diese zauberhafte Technik der Autorin führt dazu, dass sie mich ebenso ansprechen. Und ich erfahre, wie ihre Geschichten in einer patriarchalen Gesellschaft tatsächlich waren. (Nicht wie im Märchen dargestellt) Im Laufe der Geschichte wird Jenny klar, welche Glaubenssätze sie internalisiert und sich ihnen unterworfen hat. Wie sie in den Genuss kommt, ihren Neid, die Missgunst, Wut und ihre Bewertungen gehen zu lassen und deutlich mehr Lebensqualität gewinnt. Die Sprache ist so erfrischend, die ganze Geschichte so mutmachend und augenöffnend. Das Ende so tröstlich, dass mir mein Herz ganz warm überläuft vor tiefem Verständnis für alle Frauen, die genauso unter ihrer Selbstsabotage leiden. Ein kluges, warmes, berührendes Buch über weibliche Selbstermächtigung, das ich so so gerne gelesen habe.