Der Tod führt Regie

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mariederkrehm Avatar

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Es ist 1793, und der kälteste Winter seit den Aufzeichnungen der Temperatur kündigt sich an. Es ist das Jahr, in dem Frankreichs Königin Marie Antoinette als Witwe Capet unter dem Fallbeil stirbt, und auch auf Schweden droht der Volkszorn überzugreifen. In diesem Jahr finden sich zwei ungleiche Ermittler zusammen, um einen grausigen Mord aufzuklären. Cecil Winge, Ermittler im Dienste der Stockholmer Polizei, und Stadtknecht Jean Michael Cardell, Kriegsveteran mit Behinderung, fahnden nach dem Mörder eines Toten, den die Stadtkloake Stockholms freigibt. Viel ist nicht von ihm übrig, denn noch vor seinem Tod wurden ihm alle Gliedmaßen amputiert. In seinem Debut lässt Autor Niklas Natt och Dag den Tod Regie führen, und der zieht in diesem opulenten Kriminalroman alle Register seines Könnens: Er straft und entlohnt, klagt an und erlöst, stiftet an und versöhnt, er verweigert sich und setzt sich durch, und wenn es ihm in den Kram passt, verlängert der Tod sogar seine eigenen Fristen. Von Anfang an packt die Geschichte, konsequent im Präsens erzählt, den Leser beim Kragen und schlägt ihm auf beklemmende Weise aufs Gemüt - spielt sie doch in einer Zeit, in der Nachttöpfe noch durchs Fenster geleert und Hinrichtungen zur Volksbelustigung öffentlich vollzogen werden. Bezeichnend, dass der einzige annähernd heitere Beitrag vom Totengräber kommt, der dazu ein Deutscher ist. Und genau dann, als die Geschichte droht, einseitig zu werden, stellen sich weitere Erzählstränge und dazu schicksalhafte Wendungen ein, die nebenbei den bis dahin beklagenswerten Mangel an Frauenfiguren beenden. So erfährt der Leser endlich Erlösung, die ihn schließlich mit der brutal-authentischen Darstellung des Lebens im späten 18. Jahrhundert versöhnt. Ganz wunderbar.