Die Ritterin und der Seemann

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missbibliophile Avatar

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Ich vergebe selten fünf Sterne für ein Buch, aber wenn ich es tue, dann weiß ich meistens bereits ziemlich früh während der Lektüre, dass ich da gerade ein Fünf-Sterne-Buch lese. So war es auch bei "22 Bahnen" von Caroline Wahl.
Dieses Buch hat mich einfach umgehauen! Angefangen von dem wunderschönen Cover bis hin zu der tollen Story, die gleichzeitig understated und wortstark ist.
Selbst der etwas merkwürdige Dialog, der nicht durch Anführungszeichen begleitet wird, sondern eher wie in einem Drama wirkt, hat mir diesmal nichts ausgemacht, obwohl ich da eher traditionell bin. :)
Vielen Autoren gelingt es nicht wirklich gut, über Kinder zu schreiben. Sie wirken oft entweder zu erwachsen oder zu kindisch für ihr Alter. Nicht so bei Caroline Wahl: Ida ist einfach goldig. Meine Lieblingsparts im Roman waren die, in denen sie und ihre Schwester Tilda Märchen erfunden haben und jede einen Satz sich ausgedacht hat, bis sie am Ende die Geschichte komplett hatten.
A propos Tilda: Sie ist zwar keine Protagonistin, die mir ähnlich ist, aber ich habe mich ziemlich gut in sie hineinversetzen können, wenn es um dieses "Gefangensein" in einer Kleinstadt ging. Dieses Gefühl, dass alle weg können, die weg wollen und sich weiterentwickeln und nur man selbst nicht wegkann, hat Wahl sehr treffend geschildert.
Auch wenn das Ende offen ist, hoffe ich doch, dass auch Tilde es in die weite Welt schafft.
Ich hätte mir gewünscht, dass das Buch etwas länger gewesen wäre. Ich hätte mehr über Viktors und Tildas Beziehung gelesen, die so traurig, melancholisch, aber auch schön ist, dass ich gerne gewusst hätte, wie sie weitergeht.
Alles in allem ein lesenswertes Buch, das schon jetzt zu meinen Highlights des Jahres gehört.