Eine starke neue Erzählstimme

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europeantravelgirl Avatar

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Tildas Leben pendelt zwischen ihrem Job im Supermarkt, dem Mathematikstudium und ihrem Zuhause bei ihrer kleinen Schwester und alkoholkranken Mutter. Ach ja, und auch der Besuch im Schwimmbad ist ein elementarer Bestandteil ihrer Abläufe, wenn sie jeden Abend genau 22 Bahnen schwimmt. Zumindest so lange bis Viktor auftaucht. Viktor, der ebenfalls genau 22 Bahnen schwimmt. Viktor bringt Tildas Leben aus dem Rhythmus: Nicht nur, dass sie von nun an 23 Bahnen schwimmt, nein, sie stellt sich endlich verdrängten Ereignissen aus der Vergangenheit und – was noch schwerer wiegt – der Frage nach der Zukunft.

Manchmal hört man eine Erzählstimme, und in seltenen, glücklichen Fällen fühlt man die Erzählstimme. So wie hier. Die Geschichte hat mich mit sich genommen, in einem ruhigen, unaufgeregten Erzählfluss durch diesen kurzen, aber intensiven Roman geführt. Auch die Handlung an sich überzeugt voll und ganz, geht beim Lesen unter die Haut und vermag es zu berühren. Aber am meisten überzeugt haben mich die Charaktere dieses Romans: Manche Charaktere wirken geschrieben, erschaffen, andere wiederum sind wie direkt aus dem Leben gegriffen. Dieses Gefühl hatte ich auf Anhieb bei Tilda. Aber auch ihre kleine Schwester ist hervorragend getroffen, die alkoholkranke Mutter ist erschütternd realistisch gezeichnet, und mit Viktor ist der Autorin ein faszinierender Charakter gelungen.

Der kleine Roman wirkt so schlicht und besitzt doch ungeahnte Tiefe. Ein gelungenes Debüt einer neuen starken Stimme, von der wir hoffentlich noch mehr hören werden!