Emotional sehr starkes Debüt

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Tildas Leben gleicht einem durchgetakteten Schlachtplan, sie funktioniert für sich, aber vor allem für ihre kleine Schwester, die sie mit der alkoholkranken Mutter nicht alleine lassen kann, weshalb sie selbst für alles die Pause-Taste gedrückt hat. Ihre 22 Bahnen Schwimmen und die paar ruhigen Minuten am Abend, bevor alles wieder von vorne losgeht, sind ihre einzige wirklich eigene Zeit, in der sie einmal nicht kämpfen muss.

Caroline Wahl ist in ihrem Debütroman vor allem eine unglaublich starke Charakterisierung ihrer Figuren gelungen, man fühlt mit Tilda mit, die für ihr Leben eigentlich ganz andere Pläne hatte, aber für die es selbstverständlich ist, ihre Schwester stark zu machen für "den Krieg da draußen", aber auch im eigenen Zuhause - oder noch besser, ihre Lebensumstände so zu gestalten, dass man vielleicht nicht immer Kämpferin sein muss. Die Beziehung der beiden Schwestern und ihr Umgang miteinander war wirklich wunderschön zu verfolgen.

Mich persönlich haben nur die laufenden Verweise auf ganz konkrete Gegenstände (Eigenmarken von Supermarktketten, YA-Film-Franchises, Einkaufskorbhersteller, Literaturlisten des Mathematikstudiums) sehr irritiert. Sicher beschreiben solche Dinge zum Beispiel ein bestimmtes Milieu, aber mich hat jede Erwähnung ein bisschen aus der Emotion des Geschehens geworfen, was ich sehr schade fand.

"22 Bahnen" ist bei aller Tragik der Handlung und der Situation ihrer Figuren eine überraschend hoffnungsvolle Geschichte, in Idas Entwicklung und darin, dass Tilda über die Gegenwart hinaus in die Zukunft blicken kann.