Schwesterliebe👩🏻👧🏼

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frieda_marianne_therese Avatar

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Tilda studiert Mathematik, jobbt nebenher in einem Supermarkt und lebt mit ihrer jüngeren Schwester und ihrer Mutter in einer kleinen Wohnung. Um von ihrem Alltag abzuschalten geht sie fast täglich ins Schwimmbad und schwimmt exakt 22 Bahnen. Eigentlich wäre Tilda schon längst weggezogen, in die weite Welt ausgeflogen, wie die meisten ihrer Freunde. Doch Tildas Leben ist kein normales. Ihre Mutter ist alkoholkrank und eine permante Gefahr für sich selbst und vorallem für die kleine Ida. Tilda fühlt sich ihr gegenüber verantwortlich und sorgt für sie, denn die Mutter denkt nur an ihren Rausch, ihr Vergnügen und verschwendet so gut wie keinen Gedanken an ihre Kinder. Bei einem ihrer Schwimmbadbesuche trifft Tilda eines Tages überraschend auf einen alten Bekannten: Viktor. Auch er hat Schlimmes durchmachen müssen und war lange nicht mehr in der Stadt. Unerwartet entspinnt sich zuerst eine Freundschaft und dann sogar mehr zwischen Tilda und ihm, denn beide wissen wie hart das Leben zuschlagen kann und können einander etwas Halt geben. Doch kann Tilda auch irgendwann selbst ihrem gewünschten Lebensweg einschlagen und aus der Kleinstadt ausbrechen? Und wenn ja, was wird dann aus Ida? Ein Roman über eine starke junge Frau, die den Widerständen trotzt und für ihre Zukunft kämpft, sowie über unerschütterliche Schwesterliebe📖


Eine wirklich bedrückende, traurige aber zugleich auch herzerwärmende, schöne Geschichte. Bedrückend, weil es schwer war zu lesen, unter welchen Umständen Tilda und vorallem Ida aufwachsen mussten. Diese mangelnde Wärme einer Mutter erleben zu müssen, der ihre Kinder offenbar ziemlich egal waren und ihr eigenes Glück und den Alkohol über sie stellte. Traurig auch von Viktors Leben zu erfahren, der ebenso Schlimmes durchmachen und einen schweren Weg gehen musste um neu anzufangen.
Herzerwärmend fand ich jedoch die Beziehung zwischen Tilda und Ida. Tilda, die sich so liebevoll und beschützend um ihre kleine Schwester kümmerte und immer für sie da war. Jeder sollte so eine tolle Schwester haben. Die anbahnende Liebesbeziehung zwischen Tilda und Viktor empfand ich als etwas zusätzlich Schönes. Gerade weil sie nicht im Mittelpunkt stand, sondern sich so langsam einschlich und doch ein wichtiger Teil, ein wichtiger Wendepunkt war für Tilda. Sie und Viktor hatten beide Schweres durchgemacht, waren es beide gewohnt ihren Schmerz alleine zu ertragen und schafften es dann dennoch sich zu öffnen und dadurch gegenseitig etwas Halt zu geben.
Die Geschichte ließ mich ein Wechselbad der Gefühle durchleben. Ich fieberte mit und wünschte mir so sehr, dass Tildas und Idas Leben sich endlich zum Besseren wendete. Nichtsdestotrotz war ich bis zu einem gewissen Punkt auch etwas aufgebracht und ärgerte mich sogar. So sehr Tilda auch Verantwortung für ihre kleine Schwester übernahm und versuchte immer für sie da zu sein und sie zu unterstützen, so sehr empfand ich es aber auch als fahrlässig und sogar gefährlich ihren Plan nachgehen zu wollen, sie dann alleine mit ihrer Mutter zu lassen um ihren eigenen beruflichen Weg zu gehen. Auch wenn sie natürlich absolut ein Recht darauf hatte. Aber ihre Mutter hatte offenbar keinerlei Einsicht und in keinster Weise vor ihr Verhalten zu ändern. Hervor stach in dieser Hinsicht auch, dass Tilda sie oft als ,,Monster" bezeichnete. Mehrmals fragte ich mich, warum Tilda sich nicht Hilfe holte. Selbst die Freunde schüttelten nur hilflos den Kopf, wenn sie mal wieder erfuhren, dass die Mutter erneut einen Absturz gehabt hatte. Keiner machte irgendeinen Vorschlag zur Problemlösung. Möglich wäre es natürlich gewesen, dass Ida dann in eine Pflegefamilie gekommen wäre, was hart gewesen wäre. Jedoch meiner Meinung nach immer noch besser, als dass sie weiterhin diesen Psychoterror der Mutter und ja auch ihre körperlichen Misshandlungen hätte ertragen müssen. Und kein Kind sollte aufwachsen mit der Angst die Mutter am nächsten Tag durch eine Überdosis tot vorzufinden. Und Tildas Plan in Ehren, ihre kleine Schwester durch Filme mit starken Hauptdarstellerinnnen aufbauen und abhärten zu wollen- ein zehnjähriges Kind sollte immer noch Kind sein dürfen und sich nicht mit sowas beschäftigen und belasten müssen.
Abgesehen davon mochte ich die Geschichte sehr.
Das Leben ist nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen und viele Menschen haben ein noch schwereren Start als Andere. Sie sind wahre Kämpfer/innen.
Der flüssige Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Der Aufbau der Dialoge war neu für mich, fast wie ein Drehbuch und dennoch sehr angenehm zu lesen. Und das sehr schön gestaltete Cover bekommt von mir auch einen Pluspunkt. Ein gelungener Debütroman und ich bin neugierig ob und wann Caroline Wahl einen weiteren schreiben wird. 🙂