Traurig schön

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Caroline Wahl erzählt in ihrem Romandebüt „22 Bahnen“ äußerst berührend von Tilda und ihrer kleinen Familie. Diese besteht aus Tilda selbst, ihrer kleinen Schwester Ida sowie ihrer Mutter. Ihr Leben ist gekennzeichnet von einer großen Last, denn ihre Mutter ist schwer alkoholabhängig, ein Vater ist nicht vorhanden. Durch diese Umstände ist Tilda, die selbst gerade erst erwachsen geworden ist, gezwungen, innerhalb der Familie große Verantwortung zu übernehmen. Ida ist noch jung und braucht Begleitung im Alltag. So muss Tilda neben ihrem Studium und ihrem Job an der Supermarktkasse sich viel Zeit für Ida nehmen. Tildas einzige Flucht aus dem grauen Alltag sind ihre Schwimmbadbesuche, bei denen sie 22 Bahnen schwimmt und abschalten kann. Dort trifft sie Viktor, mit dessen Bruder sie in ihrer Kindheit befreundet gewesen ist. Eine zarte Liebe kann sich nur zögerlich entwickeln.
Der Leser begleitet Tilda dabei, wie sie im Zwiespalt zwischen familiären Verpflichtungen und gesellschaftlichen Erwartungen auf der Suche nach ihrem eigenen Glück ist. Als sie die Aussicht auf ein Stipendium in einer anderen Stadt bekommt, gerät ihr eigenes Gefüge von Verantwortung und Schicksal ins Schwanken. Viel zu sehr sorgt sie sich um ihre kleine Schwester.
Die Charaktere, vor allem Tilda, sind sehr authentisch dargestellt. Tilda ist immer wieder hin- und hergerissen und hadert mit ihrer Situation. Ida hat sich in ihr Schneckenhaus zurückgezogen und kann lediglich durch die Liebe und das Vertrauen zu Tilda überhaupt am Leben teilnehmen. Diese Schwesternbeziehung ist sehr beeindruckend dargestellt! Viktor ist am Ende derjenige, der Tilda und auch Ida ein kleines bisschen Alltagsglück bescheren kann.
Alles in allem eine wunderbare, wenn auch phasenweise bedrückende Lektüre.