Zahlen und überfahrene Radieschen

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
fraugroschberger Avatar

Von

Tilda lebt ihr Leben in Zahlen. Sie steht kurz vor der Masterarbeit (Mathematik), sie arbeitet im Supermarkt an der Kasse und jeden Abend schwimmt sie 22 Bahnen. Bis Viktor aufkreuzt, dann schwimmt sie 23 Bahnen. Dann ist da noch die kleine Schwester Ida (10/11) und die Mutter der beiden. Tildas Vater ist gegangen und Idas Vater war lediglich für den Akt der Zeugung anwesend und die Mutter der beiden Schwestern trinkt, und zwar viel. Und viel ist es auch für Tilda, die durch die Sucht ihrer Mutter schon sehr früh erwachsen werden musste und sich um Ida und ihre Mama kümmert. Und doch hat Tilda natürlich eigene Wünsche, Pläne und Träume. Aber wie kann sie die verwirklichen? Was wird dann aus Ida? Und wie lange kann sie die gesamte Last tragen?

Sprachlich reißt Caroline Wahl einen einfach in ihren Roman. Inhaltlich war ich mir anfangs nicht sicher, ob ich mit Tildas Lebensphase (jung, Studentin, Party, Drogen) mit kann. Aber die eigentliche Thematik ist ja, dass es hier um eine junge Frau geht, die so viel Verantwortung übernimmt und so vieles opfert, z.B. die Unbeschwertheit der Jugend. Und das ist eine Sache, die ziemlich sicher gar nicht so selten auch im Reallife vorkommt. Und daran ist so vieles falsch. Erwachsen werden und sich kümmern, ist wichtig und gut. Aber nicht wenn man selbst noch fast ein Kind ist und wenn man sich dann eigentlich abnabeln möchte, das aber nicht kann.

Ich bewundere Tildas Stärke und Idas altkluge Art und ihre Fähigkeit zum Ausdruck zu bringen, was sie möchte und was nicht. Ein wirklich toller Roman, durch den ich einfach geflogen bin.

UND! Großartiges Cover! Das liebe ich!

PS: Auf S. 105/106 gibt es eine Passage über Bücher und das Lesen. Das ist meine liebste Stelle im Buch!